Kirchen schrumpfen. Wie geht´s weiter?

von Stefan Klinkhammer

Sonntag, 12.05.2019

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Wie geht’s mit uns weiter? Das fragten sich die Deutsche Bischofskonferenz und die evangelische Kirche in Deutschland. Die Antwort gibt es jetzt in Form einer Studie: bis 2060 halbiert sich in beiden Kirchen die Zahl der Mitglieder...

INFO: Die beiden großen Kirchen in Deutschland werden 2060 nur noch halb so viele Mitglieder haben wie heute, auch werden sich ihre finanziellen Möglichkeiten in etwa halbieren. Das geht aus einer Studie des „Forschungszentrums Generationenverträge (FZG)“ der Universität Freiburg hervor, die die katholische Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am 2. Mai 2019 veröffentlicht haben. Das Projekt stand unter der Leitung des Finanzwissenschaftlers Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, wissenschaftliche Mitarbeiter waren David Gutmann und Fabian Peters. Die derzeit rund 2 Millionen Mitglieder der orthodoxen Kirchen sowie der Freikirchen in Deutschland wurden in der Studie nicht berücksichtigt.

Die erste koordinierte Mitglieder- und Kirchensteuervorausberechnung ihrer Art sollte für die 20 evangelischen Landeskirchen und die 27 (Erz-)Bistümer der katholischen Kirche ermitteln, wie sich Kirchenmitgliederzahlen und Kirchensteueraufkommen langfristig bis zum Jahr 2060 entwickeln werden – wenn das Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten der vergangenen Jahre auch für die Zukunft repräsentativ ist. Den Berechnungen zufolge wird danach die Zahl von 44,8 Millionen im Jahr 2017 bis 2035 auf 34,8 Millionen zurückgehen (minus 22 Prozent) und bis 2060 auf 22,7 Millionen (minus 49 Prozent). Dabei wird die katholische Kirche etwas weniger Mitglieder verlieren als die evangelische. Dies sei zum einen auf eine stärkere Zuwanderung von Katholiken zurückzuführen, zum anderen auf eine etwas jüngere Altersstruktur. Dies zeige sich besonders stark im Osten: Dort werde sich das Verhältnis von Protestanten zu Katholiken von 3:1 bis 2060 voraussichtlich auf 2:1 verändern. Zusammen kommen demnach die evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer im Osten Deutschlands 2060 zusammen nur noch auf 1,5 Millionen Mitglieder - derzeit sind es noch 3,2 Millionen.

Die in absoluten Zahlen stärkste Schrumpfung steht beiden Kirchen im Westen der Republik bevor, insbesondere in den Bundesländern NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen. EKD und Bischofskonferenz zählen dort derzeit 17,3 Millionen Mitglieder. 2060 werden es nur noch 8,5 Millionen sein. Nur geringfügig besser steht die Entwicklung in Bayern und Baden-Württemberg, wo die Zahl von 16,8 auf 9 Millionen schrumpft. In beiden Großkirchen werden 2060 40 Prozent der Mitglieder älter sein als 65. Insgesamt aber lasse sich nur weniger als die Hälfte des Rückgangs mit dem demografischen Wandel erklären. Nach den Ergebnissen hätten Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten von Kirchenmitgliedern einen deutlich größeren Einfluss. Bei der Berechnung der Kirchensteuer gehen die Forscher davon aus, dass die Gesamteinnahmen zwar nominal nur leicht zurückgehen werden - von 12,8 auf rund 12 Milliarden Euro, doch müssten sich zur Haltung des derzeitigen Status bis 2060 die Einnahmen auf etwa 25 Milliarden Euro erhöhen. Die Kaufkraft der von den Mitgliedern gezahlten Kirchensteuern werde sich damit in etwa halbieren.

Die Zusammenfassung der Gesamtanalyse auf Bundesebene für die evangelische und katholische Kirche unter www.ekd.de/projektion2060, zur katholischen Kirche sowie Zahlen und Fragen und Antworten zur Studie sind unter www.dbk.de auf der Themenseite „Projektion 2060“.

Sonntag, 12.05.2019