Kinder und Corona: Fachleute schlagen Alarm

von Jana Schruff

Sonntag, 30.05.2021

Junge schaut nachdenklich
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Laut Studie der DAK sind fast 58% der Kinder und Jugendlichen "weniger zufrieden" als vor der Corona-Pandemie. (Foto: Pixabay)

14 Monate nach Ausbruch der Corona-Krise häufen sich bei Kindern und Jugendlichen offenbar physische und psychische Probleme. Infolge der pandemiebedingten Einschränkungen sind u.a. depressive Erkrankungen bis hin zu Suizidgedanken auf dem Vormarsch.

Gegenüber der „Rheinischen Post“ sagte der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Jakob Maske: "Es gibt psychiatrische Erkrankungen in einem Ausmaß, wie wir es noch nie erlebt haben. (…) Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, (…) wer nicht suizidgefährdet ist und 'nur' eine Depression hat, wird gar nicht mehr aufgenommen." Maske will auch körperliche Veränderungen beobachtet haben, unter anderem eine ungewöhnlich starke Gewichtszunahme bei 15 bis 20 Prozent der Kinder.

Kinder und Jugendliche leiden vor allem unter den Einschränkungen bzw. Schließungen in den Bereichen Schule und Kindergarten. Wichtige persönliche Kontakte zu Freunden, Klassenkameraden aber auch Lehrern sind auf digitale Begegnungen reduziert, durch das Home-Schooling entstehen immer größere Bildungslücken, und in vielen Familien, die in prekären und beengten Verhältnissen leben, wachsen Aggression und Verzweiflung. Gerade Alleinerziehende und Geringverdiener müssen spürbare finanzielle Einbußen verkraften, unter denen wiederum auch die Kinder leiden.

Laut einer Studie der Krankenkasse DAK, die zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 10 befragt hatte, klagen 13,9% der Kinder über „emotionale Probleme“ während der Corona-Krise. Vor Corona seien es nur 10,4% gewesen. Verglichen mit der Vor-Corona-Zeit hat sich auch die Lebenszufriedenheit der Kinder verändert: Während 18,5% angaben, sie seien zufriedener als vor Corona und 23,7% keine Veränderungen feststellten, sagten 57,8%, sie seien weniger zufrieden.

Auch die sogenannte COPSY-Studie kommt nach ihrer inzwischen zweiten Befragung zu besorgniserregenden Ergebnissen: Ein knappes Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland zeige fast jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten. Unter Berufung auf die Leiterin der Studie, Professor Dr. Ulrike Ravens-Sieberer von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) erklärt die „Pharmazeutische Zeitung“: „Sorgen und Ängste hätten noch einmal zugenommen, auch depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen seien verstärkt zu beobachten. Vor der Corona-Krise gab es laut Untersuchung lediglich bei zwei von zehn Kindern ein Risiko für psychische Auffälligkeiten.“

Nach Angaben des Bayrischen Rundfunks warnt der Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Würzburger Uniklinikum, Prof. Marcel Romanos, allerdings davor, die COPSY-Studie zu stark zu verallgemeinern: „Ausschlaggebend für psychische Auffälligkeiten sei vor allem das Umfeld eines Kindes, so Prof. Romanos: »Wir beobachten, dass Kinder, die bereits vorher unter Druck standen, vermehrt Symptome zeigen. Das sind Kinder, die schon vorher Druck in der Schule hatten oder in deren Familien bereits psychische Erkrankungen vorhanden waren. Auch sozial schwache Familien und Kinder mit Migrationshintergrund kommen schlechter zurecht.« Andererseits kämen viele Kinder mit den Lockdown- und Homeschooling-Maßnahmen sehr gut zurecht, wenn diese gut erklärt würden, so Romanos.“

Sonntag, 30.05.2021