Katar-Stimmung zur WM

von Christof Beckmann

Sonntag, 20.11.2022

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Collage KiP

Um 17 Uhr ist Anstoß – es spielen die Teams aus Katar und Ecuador. Bei der WM, die jetzt startet. Gastgeber und Nummer 50 gegen die Nummer 44 auf der offiziellen FiFa-Weltrangliste. Guckt das heute einer? Und in den nächsten Tagen? Und warum überhaupt?

INFO: Die Teamaufgebote von insgesamt 32 Nationen nehmen ab heute an der Fußball-WM in Katar teil. Um 17 Uhr ist erster Anstoß: Gastgeber Katar gegen Ecuador, Nummer 50 gegen die Nummer 44 auf der offiziellen FiFa-Weltrangliste, treten in einem 800 Mio. teuren neuen Mega-Stadion an – neun Spiele werden hier ausgetragen. Deutschland spielt in der Vorrunde in WM-Gruppe E gegen Spanien, Japan & Costa-Rica und am Sonntag, 27. November, im Al-Bayt-Stadion gegen Spanien. Das Endspiel findet am 4. Advent, 18.12.2022, im Lusail-Stadion (80.000 Zuschauern) statt.

Doch nicht nur der Zeitpunkt der WM hatte für Debatten gesorgt, auch der der Ort. Bei der Vergabe der WM 2010 bekam Katar im vierten Wahlgang den Zuschlag, obwohl es sogar von allen Bewerbungen laut interner Fifa-Prüfberichte am wenigsten für eine WM-Ausrichtung geeignet war. Die unter großem Druck vorangetriebenen Baumaßnahmen für Stadien und Infrastruktur wurden immer wieder kritisch begleitet: Viele Bauarbeiter arbeiteten bei Temperaturen bis zum 50 Grad Celsius und extrem schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen beim Bau der WM-Stadien mit. Auf den internationalen Druck hin wurden zwar die Arbeitsbedingungen teilweise verbessert, doch kamen in den letzten zehn Jahren nach Recherchen der britischen Zeitung „The Guardian” 6.500 Arbeiter aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka ums Leben. Katar wies das zurück, sprach von weniger als 50 Unfalltoten, die FIFA erklärte ihrerseits, nur drei Todesfälle stünden in direktem Zusammenhang mit dem Bau von Sportstätten und dazugehöriger Infrastruktur.

Missio-Studie zu Menschenrechten in Katar: Ausführliche Daten zu Katar liefert das katholische Hilfswerk missio in Aachen „Die Fußballweltmeisterschaft in Katar: Menschenrechte, Arbeitsmigration und Außenpolitik“ von Experte Sebastian Sons. So kommen neun von zehn Einwohnern des Landes aus dem Ausland, rund 280 Euro sind der gesetzliche Mindestlohn im Monat, die Lebenshaltungskosten aber fast so hoch wie bei uns. Jeder sechste der 300.000 katarischen Staatsbürger in Katar ist Millionär. Autor Sons beschreibt, dass das sogenannte Sportswashing im Falle von Katar nicht funktioniert hat. Es sei nicht gelungen, von den Missständen abzulenken. Im Gegenteil, der Druck nach Reformen steige an. Die Menschenrechtsstudie ist kostenlos bei missio erhältlich. Weitere Informationen und die Petition sind unterwww.missio-hilft.de/katar zu finden.

Sportbischof: Reformkräfte in Katar auch nach WM unterstützen: Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben zu einem ehrlichen Umgang mit der Fußball-WM in Katar aufgerufen. Er wolle „kein schlechtes Gewissen einreden“, wenn Fans vor Ort oder in den Medien die WM verfolgten, erklärte der Sportbischof der Bischofskonferenz, Stefan Oster, am 17. November in Bonn. „Aber es wäre auch unangemessen, die eingeschränkten Menschenrechte zu verschweigen.“ Die Reformkräfte in dem Land müssten auch nach dem Turnier unterstützt werden. Der Passauer Bischof erinnerte an die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitsmigranten, von weiblichen Hausangestellten, nichtislamischen Religionsangehörigen und sexuellen Minderheiten in Katar. Gleichzeitig warnte er davor, bei der Kritik moralisch überheblich aufzutreten. In Katar lebten „eine konservativ-traditionelle islamische Gesellschaft und eine wirtschaftliche Hypermoderne miteinander“. Es wäre ungerecht, so Oster, „bei der notwendigen Kritik an fragwürdigen Zuständen diese besondere Situation auszublenden“. Oster plädierte dafür, die Reformkräfte in Katar auch nach der WM weiter zu unterstützen. Es sei angemessen, „dass in diesen Tagen der Scheinwerfer der Öffentlichkeit auf das Land gerichtet wird und auch die problematischen Aspekte ausgeleuchtet werden“. Es bleibe aber „Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, auch nach der Beendigung der WM in Katar die Reformkräfte im Land weiter zu unterstützen und in der Aufmerksamkeit für die Menschenrechte nicht nachzulassen“.

Zum vollständigen Text der Erklärung „Bischof Oster zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. „Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse kritisch in den Blick nehmen“: https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/bischof-oster-zur-fussball-weltmeisterschaft-in-katar

 

Sonntag, 20.11.2022