Fronleichnam: Durch Feld und Flur

von Christof Beckmann

Donnerstag, 08.06.2023

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Monstranz mit der Hostie, Foto: KIP

Heute geht es für Abertausende zu Fuß durch die Straßen – nicht zu Fronarbeit, sondern zu Fronleichnam. Allein die Sprache macht die Sache mit den Prozessionen schon erklärungsbedürftig …

INFO: Immer am 2. Donnerstag nach Pfingsten wird in der römisch-katholischen Kirche das Fest Fronleichnam gefeiert. Fronleichnam ist gesetzlicher Feiertag in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie in ausgewählten Gemeinden in Sachsen und Thüringen. Der Name klingt morbide, aber mit Sterben und Tod hat dieser Tag rein gar nichts zu tun – ganz im Gegenteil. Das Fest geht zurück auf eine Vision der später heiliggesprochenen Augustinernonne Juliana von Lüttich im Jahre 1209. Sie habe, so wird berichtet, beim Beten den Mond gesehen, der an einer Stelle verdunkelt gewesen sei. Christus habe ihr erklärt, dass der Mond die Kirche bedeute, der dunkle Fleck das Fehlen eines Festes des Eucharistie-Sakraments. Das Wort Fronleichnam leitet sich ab aus dem Althochdeutschen „vron“ für „Herr“ und „licham“ für „Leib“ und bedeutet übersetzt so viel wie „Fest des Leibes und Blutes Christi“. Es erinnert an die Einsetzung des Altarsakraments durch Jesus selbst (Brot und Wein bei der Abendmahls- bzw. Eucharistiefeier) und wurde zum ersten Mal im Jahr 1246 im Bistum Lüttich gefeiert. Papst Urban IV. führte es 1264 als allgemeines Kirchenfest ein, 1317 legte Papst Johannes XXII. den Donnerstag als Festtag fest.

Zur Fronleichnams-Feier gehört bis heute eine Prozession, bei der die Gläubigen hinter der Monstranz herziehen, die als Symbol für den Leib Christi eine geweihte Hostie enthält. In dieser Art wurde das Fest erstmals 1279 in Köln begangen. Im Mittelalter wurde der Feiertag später zunehmend dazu genutzt, um zusätzliche Ablassgelder zu gewinnen. Nicht zuletzt deshalb war der Reformator Martin Luther ein ausdrücklicher Gegner des Fronleichnamsfestes: Er bezeichnete es 1527 als das „schädlichste aller Feste“ und betrachtete die Prozessionen als unbiblisch und als Gotteslästerung. Nach dem Konzil von Trient (1545 und 1563) gewann das Fest als „antiprotestantische Demonstration“ an Bedeutung, wurde im Barock zunehmend prunkvoller und nach dem von Preußen ausgehenden Kulturkampf zur Demonstration der katholischen Sammlung und Stärke. Auch in der Zeit des Nationalsozialismus erfuhren die Prozessionen eine zusätzliche politische Bedeutung. Heute wirken nicht selten evangelische Pastoren in Amtstracht bei der Fronleichnamsfeier mit: Mit Blick auf die traditionellen Fronleichnamsprozessionen eint katholische und evangelische Christen das biblische Bild vom „wandernden Gottesvolk“, dessen Mitte Christus als das „Brot des Lebens“ ist. In der Orthodoxen Kirche ist die Zurschaustellung des eucharistischen Brotes dagegen unbekannt.

Die Prozession ist seit 1279 besonders traditionsreich in Köln: Hier begleiten heute bei der „Mülheimer Gottestracht“ (www.muelheimer-gottestracht.de) mehr als 100 Boote das große Schiff mit dem Allerheiligsten auf dem Rhein. Fronleichnam ist gesetzlicher Feiertag überwiegend katholischen Gegenden - in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, aber auch in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern, Hessen, im Saarland sowie teilweise in Sachsen und Thüringen.

Donnerstag, 08.06.2023