Blick ins Heilige Land

von Gabriele Höfling

Sonntag, 09.04.2017

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Heinz Thiel, Generalsekretär des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande

Zur Karwoche bei uns ein Blick auf das Land, das Christen in aller Welt als „heilig“ gilt. Eine Initiative aus Deutschland schlägt bis heute Brücken in die ganze Region. Nachgefragt beim Deutschen Verein vom Heiligen Land in seiner Kölner Zentrale ....

Der „Palmsonntag”: Der Palmsonntag ist der erste Tag der Karwoche und erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem. Dort ist nach dem übereinstimmenden Bericht aller vier Evangelien Jesus vor seinem Leiden und Sterben feierlich eingezogen. Der Evangelist Matthäus schreibt über den Ritt Jesu auf einem Esel vom Ölberg hinunter in die Stadt: „Viele Menschen breiteten auf dem Weg ihre Kleider aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf die Straße.”

Seit dem 4./5. Jahrhundert werden die biblischen Berichte über Leiden, Tod und Auferstehung Jesu immer mehr chronologisch nachvollzogen. Um 600 in Spanien und Gallien, seit dem 8. Jahrhundert auch hierzulande setzte sich der Brauch durch, das Einzugsgeschehen dramaturgisch-liturgisch nachzuahmen. Anstelle orientalischer Palmen oder Ölbaumzweige führten die Gläubigen andere grüne Zweige mit. Im elften und zwölften Jahrhundert war die Palmsonntags-Prozession in vielen Teilen des Abendlandes Tradition. Im Mittelalter ritt ein Christus-Darsteller auf einem hölzernen Esel (Palmesel) in der Prozession mit. Die heutige Palmsonntagsliturgie am Eingang der Karwoche beginnt mit der Palmweihe außerhalb der Kirche, wo im Wortgottesdienst der heiligen Messe erstmals der Bericht vom Leiden und Sterben Jesu („Passion”) gelesen wird. Es ist Brauch, die Palm-, Oliven- oder Buchsbaumzweige zuhause als segenbringende Zeichen am Kreuz zu befestigen.

Der Ablauf der Kar- und Ostertage:

Das Wort „Kar” stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „Trauer”, „Klage” oder „Kummer”. Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag eine Woche vor Ostern: In Erinnerung an den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem versammeln sich die Gläubigen zumeist vor der Kirche zur Segnung der Palmen (in Deutschland meist Buchsbaumzweige) und ziehen dann in einer Palmprozession zum Gotteshaus.

Am Gründonnerstag (von althochdeutsch „greinen” = weinen) gedenkt die Kirche des letzten Abendmahles, das Jesus mit seinen Jüngern hielt, und damit der Einsetzung der Eucharistie. Nach dem Gloria-Gesang im Gottesdienst verstummen Orgel und Glocken, nach der Messfeier werden Blumenschmuck und Kerzen beiseite geschafft. In besonders gestalteten Betstunden oder im stillen Gebet gedenken die Gläubigen des Ölberggeschehens mit der Gefangennahme Jesu und dem beginnenden Leiden.

Der Karfreitag ist der Gedächtnistag der Kreuzigung. Er wird als Fasttag und im Zeichen der Trauer in Stille und Besinnlichkeit begangen. Am Nachmittag versammeln sich die Christen zum Wortgottesdienst mit Verlesung der Passionsgeschichte, zur Kreuzverehrung (das mit einem violetten Fastentuch bedeckte Kreuz wird enthüllt und durch Kniebeugen verehrt) und der anschließenden Kommunionfeier. In vielen Gemeinden finden am Morgen des Karfreitags Kreuzwegandachten und Karfreitagsprozessionen statt.

Der Karsamstag schließlich ist der Gedächtnistag der Grabesruhe des Herrn. Es findet kein Gottesdienst statt; die Altäre in den Kirchen sind frei von Kerzen und Blumen. Erst in der Nacht zum ersten Ostertag oder sogar in der Frühe des Ostermorgens versammeln sich die Christen zur Feier der Auferstehung.

Ostergottesdienste per Mausklick: Wo und wann wird eine Heilige Messe, ein Gottesdienst oder eine Andacht in der Karwoche oder an den Ostertagen gefeiert? Für alle, die in diesem Jahr nach Gottesdiensten in der Osterwoche suchen, bieten die evangelische und die katholische Kirche wieder den ökumenischen Gottesdienstservice. Ab sofort unter www.ostergottesdienste.de.

Palmsonntag in Rom und im Fernsehen: Am Palmsonntag steht Papst Franziskus wie üblich um 10.00 Uhr dem Gottesdienst auf dem Petersplatz vor, in dem er Palmzweige segnet. Der ZDF-Fernsehgottesdienst am Palmsonntag wird um 9.30 Uhr aus der Gemeinde Sankt Apollonia in Aachen-Eilendorf übertragen. Pfarrer Peter Dückers leitet die Messe und nach der Feier ist die Gemeinde unter (07 00) 14 14 10 10 zu erreichen. Sankt Apollonia zählt seit der jüngsten Strukturreform zur Pfarrgemeinde Sankt Severin. Diese umfasst knapp 11.000 Katholiken.

 

Aufruf der Deutschen Bischöfe: „Liebe Mitchristen, zeigen wir uns im Gebet und bei der Kollekte am Palmsonntag mit den Christen im Heiligen Land solidarisch!“, appellieren die Deutschen Bischöfe in ihrem Aufruf zur diesjährigen Kollekte zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land. Sie wird am 9. April 2017, in allen Gottesdiensten (auch am Vorabend) gehalten und ist ausschließlich für die Unterstützung der Christen im Heiligen Land durch das Kommissariat des Heiligen Landes der Deutschen Franziskanerprovinz und durch den Deutschen Verein vom Heiligen Lande bestimmt. Denn im Nahen Osten werden die Christen immer weniger: Mittlerweile sind nur noch knapp zwei Prozent der Bevölkerung in Israel und Palästina christlich. In Israel zum Beispiel sind es rund zwei Prozent von knapp acht Millionen Bürgern, die meisten von ihnen Araber. Zusammengeschlossen sind die Christen im Heiligen Land in rund 30 verschiedenen Kirchen, kirchlichen Gemeinschaften oder Denominationen. Die bedeutendsten sind die Griechisch-Orthodoxen, die Armenier, Syrer, Kopten, Äthiopier, die Katholiken, Lutheraner und Anglikaner. Die katholische Kirche tritt neben den „Lateinern“, den Gläubigen des römischen Ritus, in verschiedenen ostkirchlichen Gemeinschaften der Maroniten, Melkiten sowie katholischen Armenier und Syrer auf.

Obwohl der Westen den immer wieder diskriminierten und verfolgten orientalischen Christen das Fundament seiner Kultur verdankt, verschließt er vor der Situation der Kirche an ihrem Ursprungsort nicht selten die Augen. Mit seiner Palmsonntagskollekte will der DVHL zeigen: Die Christen sollen dort weiterhin eine Zukunft haben. Unter dem Leitgedanken zur Palmsonntagskollekte 2017 „Es würde etwas fehlen … Gemeinsam den Christen im Heiligen Land eine Zukunft geben“ soll deutlich werden, dass es das gemeinsame Ziel aller sein muss, durch konkrete Hilfe christliches Leben im Heiligen Land zu sichern. Denn in einer Gegend, die seit Jahrzenten sowohl politisch als auch gesellschaftlich wenig stabil ist, geraten Christen immer wieder zwischen alle Fronten.

Deutscher Verein vom Heiligen Lande: Der 1855 gegründete Deutsche Verein vom Heiligen Lande (DVHL) mit Sitz in Köln versteht sich als Brücke der deutschen Christen zu den Menschen im Heiligen Land. Er will die Verständigung und Versöhnung der Religionen fördern, christliche Einrichtungen im Heiligen Land erhalten, Menschen in Not helfen und deutschen Christen im Heiligen Land Glaubens- und Erfahrungsräume schaffen. Hilfsprojekte, Pilgerreisen und die Vermittlung von Arbeitseinsätzen in sozialen Einrichtungen sorgen für Kontakt zu den Menschen im Heiligen Land auch in schwierigen Zeiten. Mit der jährlichen Palmsonntagskollekte, zu der die deutschen Bischöfe aufrufen, unterstützen die deutschen Katholiken die Arbeit des DVHL und die des Ordens der Franziskaner auch materiell. Beide engagieren sich in Israel und in Palästina im sozialen, karitativen und pastoralen Bereich.

Der DVHL vermittelt auch Stellen für Volontäre/Volontärinnen. Möglichkeiten dazu gibt es in folgenden Einrichtungen: Alten- und Behindertenheim Beit Emmaus (Qubeibe), Paulus-Haus (Jerusalem), Gästehaus Tabgha (See Gennesaret), Jugend- und Begegnungsstätte Tabgha (See Gennesaret), Kinderheim St. Vincent (Ain Karem), Behindertendorf Kfar Tikva (Nähe Haifa), Haus der Gnade (Haifa), Dahers Weinberg „Zelt der Völker” (Nähe Bethlehem), Hospiz St. Louis de France (Jerusalem), Waisenheim Crèche (Bethlehem).

Unser Gesprächspartner: Heinz Thiel, Generalsekretär Deutscher Verein vom Heiligen Lande (zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der DVHL Heilig-Land-Reisen GmbH und Geschäftsführer der Heilig-Land-Stiftung), Steinfelder Gasse 17, 50670 Köln, Tel. 0221 / 995065-0, 135378, Fax 0221 / 995065-29, E-Mail: h.thiel@dvhl.de, Internet: www.heilig-land-verein.de.

Literaturempfehlungen: Eine Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz beleuchtet die Hintergründe der aktuellen Entwicklungen und die Situation der Christen: Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit: Arabische Halbinsel, Arbeitshilfen Nr. 290, Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstraße 161, 53113 Bonn, Internet: www.dbk.de, Bestellungen über E-Mail: dbk@azn.de, Tel. 0228 / 103-111, hier als PDF zum Download; Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hg.): Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013. Gemeinsame Texte Nr. 21 (Bonn/Hannover 2013); Otmar Oehring: Zur Lage der Christen in Syrien und im Irak, in: KAS Auslandsinformationen 06/2015. Mehr Informationen: www.dbk.de/verfolgte-bedraengte-christen/

Sonntag, 09.04.2017