Deutsche und polnische Bischöfe setzen Zeichen

von Christof Beckmann

Sonntag, 31.08.2014

Reinhard Kardinal Marx
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Die katholischen Bischofskonferenzen von Deutschland und Polen gedenken heute und morgen des Beginns des II. Weltkriegs vor 75 Jahren. Mit Gottesdiensten in Gleiwitz und Warschau rufen sie die Notwendigkeit zur Erinnerung, zur Versöhnung ins Gedächtnis.

INFO: Die katholischen Bischofskonferenzen von Deutschland und Polen gedenken am Wochenende gemeinsam des Beginns des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren. Dazu reist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, bis zum 2. September ins polnische Gliwice (Gleiwitz) und Warschau. In Gleiwitz wird er vom Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt begleitet.

Geplant ist am 31. August eine Begegnung von Marx mit dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, mit anschließender deutsch-polnischer Eucharistiefeier um 18.00 Uhr in der Kathedrale von Gleiwitz. Hauptzelebrant ist Erzbischof Gadecki, die Predigt hält Kardinal Marx. Um 20 Uhr Uhr beginnt eine Gedenkfeier am ehemaligen Sender Gleiwitz. Dort war am 31. August 1939 ein Überfall vorgetäuscht worden, um den Krieg zu rechtfertigen. Neben den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen und weiteren katholischen Bischöfen wie dem Kattowitzer Erzbischof Wiktor Skworc und Bischof Jan Kopiec aus Gleiwitz tragen Vertreter der evangelischen Kirche Polens und der jüdischen Gemeinschaft sowie der Bürgermeister der Stadt bei der Feier Gebete und Worte der Erinnerung vor.

Auf dem Programm von Kardinal Marx am 1. September in Warschau stehen unter anderem ein Gespräch mit dem Erzbischof von Warschau, Kardinal Kazimierz Nycz, und um 14.00 Uhr ein Besuch am Grab von Pfarrer Jerzy Popieluszko, der 1984 wegen seiner Unterstützung für die Solidarnosc-Bewegung vom polnischen Staatssicherheitsdienst ermordet wurde. Um 15.00 Uhr besucht Kardinal Marx das Museum des Warschauer Aufstands.

Der Aufenthalt in Warschau greift damit mehrere Gedenktage dieses Jahres auf, die die spannungsvolle Geschichte Polens und Europas in Erinnerung rufen: Vor 70 Jahren begann der Warschauer Aufstand, vor 25 Jahren endete der Kommunismus in Polen, seit zehn Jahren ist das Land Mitglied der Europäischen Union. Mit seiner Reise nach Polen will der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz die Versöhnung von Deutschen und Polen unterstreichen und die polnische Freiheitsgeschichte in ihrer Bedeutung für die Gestaltung eines freiheitlichen Europas würdigen.

Stationen der Versöhnung: Als wichtige Stationen der Versöhnung zwischen deutschen und polnischen Katholiken gelten eine Bußwallfahrt der Pax-Christi-Bewegung im Mai 1964 nach Auschwitz und die Kontakte deutscher und polnischer Bischöfe während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965, denen 1965 ein Briefwechsel mit der Bitte um Vergebung und Versöhnung folgte. 1968 regte der Bensberger Kreis den Verzicht auf die früheren deutschen Ostgebiete an, 1972 errichtete der Vatikan nach dem Warschauer Vertrag zwischen Deutschland und Polen in den ehemals deutschen Ostgebieten neue polnische Diözesen, ein Jahr später gründeten das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und 13 katholische Verbände das Maximilian-Kolbe-Werk zur Unterstützung von Überlebenden der NS-Konzentrationslager und Ghettos in Polen und Osteuropa. Durch gegenseitige Besuche, die Wahl von des Krakauer Kardinals Karol Wojtyla zum Papst, praktische Hilfen nach der Ausrufung des Kriegsrechts in Polen 1981 und die Heiligsprechung des im KZ verhungerten Franziskanerpaters Maximilian Kolbe 1982 wuchsen die Beziehungen. Die Gründung des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis 1993 und gemeinsame Erklärungen 1995 und 2005 bekräftigten den Willen zur Versöhnung und Freundschaft. 2009 riefen die katholischen Bischöfe Deutschlands und Polens zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auf. 

Sonntag, 31.08.2014