Die katholische Kirche im Zweiten Weltkrieg

von Stefan Klinkhammer/KNA

Sonntag, 31.08.2014

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Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Schon Papst Pius XI. hatte 1937 in seinem päpstlichen Schreiben „Mit brennender Sorge“ auf die Gefahren hingewiesen, die die Nazi-Herrschaft mit sich brachte...

… Doch das Verhältnis zwischen deutscher Kirche und NS-Regime war zwiespältig – wir haben mit dem Bonner Historiker Christoph Kösters von der Kommission für Zeitgeschichte über dieses schwierige Kapitel deutscher Geschichte gesprochen…

INFO: „Nichts ist verloren durch den Frieden, alles kann verloren werden durch den Krieg.“ Mit diesen flammenden Worten stemmte sich der gerade erst fünf Monate amtierende Papst Pius XII. am 24. August 1939 dem drohenden Krieg entgegen. Vergeblich. Denn wenige Tage später, am 1. September 1939, überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Der Krieg war entfesselt.

Das Verhältnis zwischen deutscher Kirche und NS-Regime war zwiespältig: Einerseits wollte die Kirche die vermeintlichen „vaterländischen Pflichten" hochhalten; andererseits aber gab es gerade aus ihren Reihen auch viele Mahner und Widerstandskämpfer. Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Auch als Holocaust und Vernichtungskrieg alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, dachten die Bischöfe weiter in den alten Kategorien vom gerechten Krieg, von der Treue zur von Gott gesetzten Obrigkeit und wollten keine Konfrontation riskieren. Vielen Katholiken waren Kommunismus und Nationalsozialismus gleichermaßen Zeichen für den Verfall einer gottlos gewordenen Welt. 1943 dienten rund 3.400 kirchliche Einrichtungen kriegsbedingten Zwecken, zwei Drittel aller Ordensfrauen erfüllten kriegswichtige Aufgaben, vor allem Krankenpflege.

Als sich der Nazi-Terror gegen die eigene Bevölkerung verschärfte, saßen die deutschen Katholiken zwischen den Stühlen: Als Deutsche hofften sie auf den Sieg, mussten zugleich aber befürchten, dass die Nazis dann mit der Kirche abrechnen würden. Die Vorzeichen waren eindeutig: Katholische Erwachsenen- und Jugendverbände waren drangsaliert und verboten, Einrichtungen enteignet und Ordensleute im „Klostersturm“ vertrieben. Über 400 Priester wurden zwischen 1933 und 1945 in ein KZ gebracht, 107 kamen dort zu Tode. 63 weitere Priester wurden hingerichtet oder ermordet, dazu Abertausende aktiver Laien, davon viele in öffentlichen Schauprozessen verurteilt. Münsters Bischof Clemens August von Galen protestierte 1941 öffentlich, vor allem gegen die Vernichtung von „lebensunwertem Leben“. Nur indirekt verurteilten die Bischöfe den Völkermord an den Juden, etwa mit ihrem „Menschenrechtshirtenbrief“ im März 1942.

1945 wurde die Frage nach dem Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum zunächst als ethisch-moralische Frage nach dem Verhalten einzelner Katholiken diskutiert. „Erschüttert stehen wir vor der Offenbarung so furchtbarer Greueltaten in den Konzentrationslagern, vor dem Versuch, ganze Volkschaften zu vernichten", schrieben die Bischöfe der Kölner und Paderborner Kirchenprovinzen am 29. Juni 1945 und riefen ihre Diözesanen zur „Ehrfurcht vor Gott und Mensch" auf.

Ausführlich zu Schuld und Verantwortung äußerten sich die deutschen Bischöfe in ihrem ersten gemeinsamen Hirtenwort am 23. August 1945: „Wir beklagen es zutiefst: Viele Deutsche, auch aus unseren Reihen, haben sich von den falschen Lehren des Nationalsozialismus betören lassen, sind bei den Verbrechen gegen menschliche Freiheit und menschliche Würde gleichgültig geblieben; viele leisteten durch ihre Haltung den Verbrechen Vorschub, viele sind selber Verbrecher geworden. ... Es muss wieder Ehrfurcht herrschen, auch vor der Persönlichkeit des Nächsten! Wir haben es alle noch zu lebendig vor Augen, was aus dem Menschen wird, der entrechtet, misshandelt, seiner Menschenwürde beraubt wird." (KNA)

Mehr dazu: Themendossier auf www.katholisch.de,

Sonntag, 31.08.2014