70 Jahre NRW: Fringsen und mehr
Sonntag, 14.08.2016
Häufig werden Erfindungen nach ihren Konstrukteuren oder Produkte nach ihren Erzeugern benannt. Der ehemalige Kölner Erzbischof, Josef Kardinal Frings, hingegen wurde mit „fringsen“ (für „Mundraub begehen“) in der deutschen Sprache verewigt...
INFO: Josef Frings wurde nach 20 Jahren in der Pfarrseelsorge und
Leitung des Priesterseminars 1942 als 55-Jähriger überraschend durch das
Domkapitel zum Erzbischof gewählt. Trotz Beschränkung auf Seelsorge und
Liturgie durch das NS-Regime war die Kirche im Inneren sehr lebendig. Es nahmen
viele an Frings´ Bischofsweihe und seiner pastoralen Rundreise durch das
Erzbistum teil. Die Diözesanen identifizierten sich mit ihrem Bischof u.a. auch
wegen seinem einfach-praxisorientierten Denken. Frings prangerte die
menschenfeindlichen identifizierten sich mit ihrem Bischof u.a. auch wegen
seines praxisorientierten Denkens. Frings prangerte die menschenfeindlichen
NS-Maßnahmen und die Tötung der Juden öffentlich an. In der "Stunde
Null" kümmerte sich Frings unverzüglich um den Neuaufbau der diözesanen
Strukturen und des kirchlichen Lebens. Als Leiter der Bischofskonferenz wurde
er zum Sprecher des katholischen Bevölkerungsanteils in Deutschland. Zusammen
mit dem ev. Landesbischof Wurm wandte er sich in humanitären Fragen an die
Siegermächte, er trat sowohl für die Anliegen der Kirche als auch Bevölkerungsteilen
ein und wies auf Ungerechtigkeit und untragbare Härten hin. Berühmt wurde er
durch den öffentlichen Hinweis auf die moralisch erlaubte Selbsthilfe durch
Mundraub, "Fringsen" genannt. Die katholische Kirche, als einzige
Institution während der Diktatur intakt geblieben, wurde von den Siegermächten
beim Neuaufbau ernst genommen. Trotz politischer Isolation konnte Frings reisen
und er nutzte das humanitär und auch kirchenpolitisch. Als Ausdruck kirchlichen
Selbstbewusstseins gestaltete Frings 1948 eine große 700-Jahr-Feier der Grundsteinlegung
des Kölner Doms. Er bestimmt maßgeblich zwei Jahrzehnte lang die kirchliche
Entwicklung in Deutschland mit. Dabei kam ihm sein Gespür zur Auswahl seiner
Mitarbeiter und Berater zugute. Durch eine Diözesankirchensteuer und den
wirtschaftlichen Aufschwung bekam die Leitung des Erzbistums unerwartete
Spielräume und stärkten den Einfluss des Erzbischofs. Trotzdem blieb er
sozialpolitisch orientiert. Frings spielte beim zweiten Vatikanischen Konzil in
Rom eine viel beachtete Rolle, seine Intervention beeinflusste die
Zusammensetzung Konzilskommissionen und gab den Anstoß zur Umgestaltung des
heiligen Offiziums. Auf Grund einer Augenerkrankung gab Frings 1965 die Leitung
der Bischofskonferenz und 1969 auch die Leitung des Bistums an den designierten
Nachfolger ab. Frings lebte weiterhin in Köln und starb erblindet im Dezember
1978. (Quelle: © Erzbistum Köln)
Mehr im
Internet: Die Bedeutung des Wortes
„fringsen“: www.erzbistum-koeln.de