„Ich habe dem Mörder meiner Tochter vergeben“

von Achim Stadelmaier

Sonntag, 12.07.2020

Umrisse eines Opfers am Tatort
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Im Mordfall Steffi Link konnte die Polizei den Täter schnell überführen. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, in der er einige Jahre später verstarb. (Foto: Pixabay)

In der Silvesternacht 1999/2000 wurde die 16jährige Steffi Link aus Schallstadt auf dem Nachhauseweg von einem Mann vergewaltigt und ermordet. Der Täter wurde gefasst und verurteilt. Aber Steffis Mutter Ursula kam lange nicht über den Verlust hinweg.

Sie und ihre jüngere Tochter Nadine litten so sehr unter Steffis gewaltsamen Tod, dass sie zeitweise sogar an Suizid dachten. Mehrmals, so erzählt Ursula Link, habe sie versucht, eine Therapie zu machen. Doch über den Verlust von Steffi zu sprechen, sei für sie unmöglich gewesen. Der Schmerz sei nicht auszuhalten gewesen, so dass sie die Therapien hätte abbrechen müssen. Auf Anraten einer Freundin habe sie schließlich Halt und Trost im christlichen Glauben gesucht – und auch gefunden: „Diese Schrecken, all das, was wir da erlebt haben, diese unendliche Traurigkeit und dieser Schmerz, der uns fast zerrissen hat – das fiel alles so nach und nach von mir ab!"

Durch ihre intensive Auseinandersetzung mit dem Glauben erkennt Ursula Link unter anderem auch die zentrale Bedeutung der Vergebung im Christentum. Sie ist sich sicher: Erst wenn ich dem Mörder meiner Tochter vergebe, kann ich wirklich frei sein. Und so beschließt sie zwei Jahre später, ihn zu treffen. Der Täter hat lebenslänglich bekommen und liegt inzwischen todkrank unter Bewachung im Krankenhaus.

Über die Begegnung erzählt Ursula Link: „Als ich in das Zimmer kam, lag der Mann im Bett, und er streckte mir seine Hand entgegen, und dem sind die Tränen über die Wangen gelaufen und er hält meine Hand und sagt: »Ich hab viel Mist gebaut in meinem Leben und es tut mir leid«. Und ich hab gesagt: »Genau aus diesem Grund bin ich heute hier. Ich möchte ihm sagen, dass ich ihm vergeben habe!«"

Aber Ursula Link vergibt dem Mörder ihrer Tochter Steffi nicht nur, sondern es geht noch weiter. Beide beten gemeinsam das Vaterunser und merken: Das ist ein ganz besonderer Moment: „Es war so ein Frieden, und die Gegenwart Gottes war greifbar. Und ich hab gedacht: Hier möchte ich nie wieder weg. Zwei Wochen später ist der Mann gestorben und dann hab ich gewusst: Er ist jetzt bei Jesus. Und da ist er ja auch Steffi schon begegnet.“

In einem TV-Beitrag erzählt Ursula Link ihre Leidens- und Lebensgeschichte. Der Beitrag ist bei YouTube abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=Hy5gE03mcko

Sonntag, 12.07.2020