Internationales Friedenstreffen von Sant’Egidio

von Christof M. Beckmann

Sonntag, 10.09.2023

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Bild: Logo des Internationalen Friedenstreffens von Sant’Egidio in Berlin / Collage: KIP

Frieden ist möglich: Zu naiv gedacht? Die vor 55 Jahren in Rom entstandene Internationale Gemeinschaft Sant’Egidio ist davon überzeugt. Heute beginnt das internationale Treffen „Den Frieden wagen. Religionen und Kulturen im Dialog“ in Berlin …
 

INFO: Vom 10. bis 12. September 2023 findet das Internationale Friedenstreffen „Den Frieden wagen. Religionen und Kulturen im Dialog“ statt, das 37. Treffen im Geist von Assisi, das von der Gemeinschaft Sant'Egidio veranstaltet wird. Nach Aachen (2003), München (2011) und Münster-Osnabrück (2017) wird das internationale Friedenstreffen damit zum vierten Mal in Deutschland stattfinden.

Teilnehmen werden Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und der nigrische Präsident Mohamed Bazoum, internationale Persönlichkeiten aus Kultur und Gesellschaft sowie zahlreiche Oberhäupter und hochrangige Vertreter der großen Weltreligionen: Dazu zählen unter anderem die jüdischen Oberrabbiner David Lau und David Rosen, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, sowie aus dem Islam der Großimam der Al-Azhar-Universität von Kairo, Prof. Dr. Ahmed al-Tayyeb, sowie muslimische Delegationen aus Algerien, Saudi-Arabien, dem Irak und Pakistan. Von katholischer Seite werden unter anderem der Präfekt des Dikasteriums für den interreligiösen Dialog im Vatikan, Kardinal Miguel Angel Ayuso Guixot, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, teilnehmen. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, ist ebenso dabei wie Vertreter der assyrischen und armenischen Kirche sowie der anglikanischen Kirche. Auch Tausende von Jugendlichen aus ganz Europa werden daran teilnehmen, ebenso wie viele Berliner Schulen.

Während des Treffens, zu dem sowohl der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung als auch die Kirchen in Deutschland und andere private Geber finanziell beigetragen haben, werden in 20 öffentlich zugänglichen Foren gesellschaftliche, religiöse und politische Themen wie künstliche Intelligenz, die Alterung der europäischen Bevölkerung, die Lebensbedingungen in Gefängnissen, die Millenniumsziele, Migration, Umwelt, Bildung, die Krisen der Demokratien, der interreligiöse Dialog und die Globalisierung behandelt.

Die Friedenstreffen von Sant’Egidio folgten dem historischen Gebetstag für den Frieden der Weltreligionen, der 1986 von Papst Johannes Paul II. einberufen wurde. Seitdem hat SantʼEgidio die damalige Aufforderung des Papstes aufgegriffen, „den Geist von Assisi weiter mit Leben zu erfüllen“, indem jedes Jahr zu einem internationalen Treffen im Zeichen des Dialogs eingeladen und ein Netzwerk der Freundschaft zwischen Vertretern verschiedener Religionen und Kulturen aufgebaut wird.

Das Programm zum Download: Programm Deutsch

Teilnahme: Eine kostenfreie Anmeldung zum Weltfriedenstreffen der Religionen ist für jeden Interessierten persönlich oder online ab sofort möglich unter www.santegidio.org. Wer persönlich teilnehmen möchte, erhält nach Anmeldung eine E-Mail mit detaillierten Anweisungen für den Zugang zu den Veranstaltungsorten. Die Anmeldung garantiert nicht den Zugang zu den Veranstaltungsorten, falls die Plätze ausgebucht sein sollten. Bei der Online-Teilnahme gibt es nach der Anmeldung einen virtuellen Ausweis, der keinen Zugang zu den Veranstaltungsorten gewährt. Aktuelle Informationen zum Live-Streaming und andere Neuigkeiten werden per E-Mail zugesandt. Auskünfte können über die E-Mail FriedenstreffenBerlin2023@santegidio.de.

VIDEO: Botschaft von Marco Impagliazzo, Präsident von Sant’Egidio, wenige Tage vor dem internationalen Treffen Religionen und Kulturen im Dialog zum Thema „Den Frieden wagen“, Berlin vom 10. bis 12. September 2023

Unser Gesprächspartner: Der römische Politologe Cesare Zucconi, Generalsekretär von Sant'Egidio, hat weltweit viele Friedensinitiativen begleitet. Über den verlorenen Frieden und die Frage, wie er sich wiederherstellen ließe, sprach er am 23. August, ab 18.30 Uhr im St.-Paulus-Dom Münster im Rahmen der diesjährigen Vortragsreihe „DomGedanken“ unter dem Titel „Krieg! Und Frieden?“. Alle Termine der DomGedanken übertrug das Bistum Münster live im Internet. Interessierte können sie unter www.bistum-muenster.de und www.paulusdom.de aufrufen. Mitschnitt des Vortrags: Aufzeichnung des Vortrags von Cesare Zucconi

Die Gemeinschaft Sant' Egidio: Die internationale katholische Gemeinschaft Sant'Egidio, heute in mehr als 70 Ländern weltweit aktiv, wurde international für ihr Friedensengagement und den Einsatz für die Ärmsten bekannt. Sie geht zurück auf eine im Februar 1968 von Schülern und Studenten rund um die Kirche Sant'Egidio in Rom ins Leben gerufene Bewegung für benachteiligte römische Schüler mit Hauptsitz im Stadtteil Trastevere. Als Initiator gilt der 1950 geborene Andrea Riccardi, damals Schüler am Gymnasium Virgilio in Rom. Der spätere Geschichtsprofessor für das Christentum und Zeitgeschichte hatte Lehrstühle an der Universität Bari, an der Universität La Sapienza in Rom und ist heute Emeritus am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Universität Roma Tre. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der Balzan-Preis für Menschlichkeit, Frieden und Geschwisterlichkeit unter den Völkern (18. November 2004) und der internationale Karlspreis zu Aachen (21. Mai 2009).

In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre begann die Gemeinschaft Sant'Egidio neben Rom auch in anderen italienischen Städten zu wirken, seit den achtziger Jahren auch in Afrika, Amerika und Asien. Heute widmet sich die Gemeinschaft sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten und dem Dialog der Religionen. Dazu zählen neben dem Einsatz für Obdachlose und alleinstehende alte Menschen auch das politische und praktische Engagement für Flüchtlinge sowie Maßnahmen zur Medikation von Aidskranken und unterernährten Menschen. Bekannt wurde Sant'Egidio besonders 1992 durch die erfolgreiche Vermittlung eines Friedensabkommens zwischen den Parteien des Bürgerkriegs in Mosambik. Über spendenfinanzierte humanitäre Korridore bringt sie besonders gefährdete Flüchtlinge legal und sicher per Flugzeug nach Italien. Im Nachgang bat der damalige Papst die Bewegung, alljährlich ein großes, interreligiöses Friedensgebet zu organisieren. 

In Deutschland gründete sich der erste ausländische Ableger, seit 1983 ist das deutsche Zentrum in Würzburg. Seit 1986 ist die Gemeinschaft von der katholischen Kirche als Laienvereinigung anerkannt. Homepage: http://www.santegidio.org.

Internationale Friedenskonferenz in Münster: Auch bei uns im Land wird der Friede ein wichtiges Thema sein: 375 Jahre nach dem Westfälischen Frieden soll in Münster am 15. September erstmals eine internationale Friedenskonferenz stattfinden. Organisator ist die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe, die seit 1998 alle zwei Jahre den Internationalen Preis des Westfälischen Friedens verleiht. Thema sind neben dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Konflikte im Nahen Osten und in der Golfregion, die Brandherde in Afrika und die daraus resultierenden Folgen für die Welt und Europa. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eröffnet den Kongress, Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hält die Abschlussrede. Neben Konferenzleiter Armin Laschet, CDU-Bundestagsabgeordneter und früherer nordrhein-westfälischer Ministerpräsident gehören zu den Teilnehmern der SPD-Politiker Peer Steinbrück, Kuratoriumsvorsitzender der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, der Manager und frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Christian Kullmann, CEO Evonik AG, der EU-Sonderbeauftragte für die Golfregion, Italiens Ex-Außenminister Luigi di Maio, und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Mehr: https://www.wirtschaftliche-gesellschaft.de/?id=288

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