Cannabis-Freigabe: Man muss noch nachsteuern

von Claudio Murmann

Sonntag, 26.05.2024

Mann bietet einen Joint an
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Seit dem 1.4.2024 ist der Besitz und Konsum von Cannabis in bestimmten Grenzen nicht mehr strafbar. (Foto: Pixabay)

Seit dem 1. April 2024 dürfen Personen ab 18 Jahre kleine Mengen des Rauschmittels Cannabis besitzen, es konsumieren und auch für den privaten Gebrauch selber anbauen, ohne sich strafbar zu machen. Bis zu diesem Schritt hat es 95 Jahre gedauert.

Eine Internationale Opiumkonferenz, die im schweizerischen Genf tagte, hatte im Dezember 1924 über einen Antrag des ägyptischen Delegationsleiter El Guindy zu entscheiden, der ein Verbot von Cannabis forderte. Während Ägypten, Frankreich, Griechenland, Japan, Türkei und die USA für ein Verbot stimmen, lehnen Großbritannien, die Niederlande und Indien den Antrag ab. Aufgrund der Mehrheitsentscheidung wird die „getrocknete Spitze der blühenden oder fruchttragenden weiblichen Stauden der Cannabis“ am 19. Februar 1925 in das „Internationale Abkommen über die Betäubungsmittel“ aufgenommen.

Deutschland ist zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied der Konferenz, muss aber „wirksame Gesetze oder Vorschriften zu erlassen, um Herstellung, Einfuhr, Verkauf, Vertrieb, Ausfuhr und Verwendung der Stoffe […] ausschließlich auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke zu beschränken.“ Das geschieht am 10. Dezember 1929: Der deutsche Reichstag beschließt das „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz)“. Durch dieses Gesetz wird Indisches Hanf zum ersten Mal in der deutschen Geschichte als strafbar erwähnt, und seitdem gilt in Deutschland auch ein Verkaufsverbot für Cannabis.

Daran ändert sich auch nichts, als das alte Opiumgesetz 1971 durch das modernere „Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ersetzt wird. Cannabis wird wörtlich in das BtMG aufgenommen und vollständig verboten. Das heißt: Anbau, Handel, Kauf und Besitz von Cannabis sind damit in Deutschland strafbar. Erst 2017 gibt es mit der Zulassung von „Cannabis auf Rezept“ zur Linderung medizinischer Probleme eine erste echte Lockerung. (Quelle: handelsblatt.com)

Nach der Bundestagswahl 2021 einigen sich die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP auf eine weitergehende Legalisierung. Im Koalitionsvertrag halten sie fest: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen.“

Der Deutschlandfunk stellt in einem Online-Artikel dazu fest: „Cannabis soll nicht mehr grundsätzlich als Betäubungsmittel gelten, sein Besitz und Konsum – in Grenzen – erlaubt werden. Vor allem die Union kritisiert das, befürchtet, dass daraufhin Kriminalität und Suchtverhalten zunehmen werden. Auch Eltern sind besorgt angesichts der Aussicht, dass Cannabis leichter als bisher erhältlich sein wird. Doch [Bundesgesundheitsminister] Lauterbach hält dagegen: Die bisherige Politik sei gescheitert, das seit 1929 in Deutschland geltende Verkaufsverbot für Cannabis überholt: »Wir haben vier Millionen Menschen, die im letzten Jahr Cannabis genutzt haben. 25 Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben Cannabis konsumiert. Wir haben eine Situation, dass der Substanzkonsum eher zunimmt, und wir haben keine wirklich guten Konzepte. Daher sollte folgendes erreicht werden: Der Schwarzmarkt soll erfolgreich verdrängt werden.« Denn Cannabis werde längst flächendeckend vertrieben – aber eben unter der Hand, ohne Kontrolle des Handels und der Produktqualität. Und ohne Beratung. Die damit verbundenen Risiken müssten ausgeschaltet werden, so Lauterbach, gegen den Schwarzmarkt helfe nur die bedingte Legalisierung.“

Nachdem das „Cannabis-Gesetz“ am 1.4.2024 in Kraft getreten ist, ist der Besitz von 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum bzw. 50 Gramm Zuhause nicht mehr strafbar. Auch dürfen maximal drei weibliche Cannabis-Pflanzen auf dem eigenen Balkon oder Garten angebaut werden, wenn sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche darauf keinen Zugriff haben. In einem Umkreis von etwa 100 Metern bzw. in Sichtweite von Schulen, Kitas, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen und Sportstätten ist der Genuss von Cannabis verboten. Über zahlreiche weitere Einschränkungen informiert ein Online-Artikel des MDR.

Sonntag, 26.05.2024