900 Jahre Kloster Cappenberg

von Christof Beckmann

Sonntag, 14.08.2022

Bild: Prämonstratenserwappen, sogen. Barbarossakopf aus Cappenberg, Collage: KIP-NRW
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Bild: Prämonstratenserwappen, sogen. Barbarossakopf aus Cappenberg, Collage: KIP-NRW

Heute vor 900 Jahren schwang der Bischof von Münster den Weihwasserwedel: Graf Gottfried von Cappenberg machte seine Burg zum ersten Prämonstratenserstift in Deutschland. Er war Fan von Norbert von Xanten geworden, der eine völlig neue Lebensart predigte.

INFO: Am 31. Mai 1122 schenkte Graf Gottfried von Cappenberg seine Burg an Norbert von Xanten, dem er im November des Vorjahres in Köln begegnet war. Der hatte 1118 als knapp 40-Jähriger seine Stellung als adliger Geistlicher in Xanten aufgegeben, sein komfortables Leben hinter sich gelassen und sich zu einem Leben als Wanderprediger entschlossen - wie einst die Apostel. Nach ihrem Vorbild wollte er Gesellschaft und Kirche seiner Zeit erneuern und gründete an Weihnachten 1121 in Prémontré im Norden Frankreichs mit gleichgesinnten Männern und Frauen eine religiöse Gemeinschaft. Ihr wollte sich Graf Gottfried anschließen. So entstand auf der im südlichen Münsterland gelegenen Burg Cappenberg das erste Prämonstratenserstift in Deutschland, das durch Bischof Dietrich von Münster am 15. August 1122 - vor 900 Jahren also – eingeweiht wurde. Am 23. September 1122 erkannte auch Kaiser Heinrich V. mit dem Wormser Konkordat und der Ausstellung eines Schutzbriefes die Stiftung der Grafen von Cappenberg an. Die beiden Grafen Gottfried und Otto legten 1125 die Ritterrüstung ab und traten in den Orden der Prämonstratenser ein. Papst Honorius II. stellte für die drei Cappenberger Klostergründungen in Cappenberg, Varlar und Ilbenstadt am 27. Februar 1126 eine eigene Bulle aus, erkannte die neue Gründung an und bestätigte 13 weitere Besitzungen des Klosters Cappenberg.

Sonntag, 21. August - Bistumstag in Cappenberg: Schon das ganze Jahr über steht das Leben in der heutigen Pfarrei St. Johannes Evangelist und der mit Mitteln der Landesregierung Nordrhein-Westfalens renovierten Stiftskirche unter dem Vorzeichen des 900-jährigen Jubiläums der Weihe des ehemaligen Stiftes. Nach der Messe zu Mariä Himmelfahrt am Sonntag (10 Uhr) steht am Sonntag 21. August, ein Bistumstag auf dem Kalender: 10.00 Uhr Pontifikalamt mit Bischof Dr. Felix Genn mit der Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart, 11.30 Uhr Fest der Begegnung auf Cappenberg, 12.30 Uhr Podiumsdiskussion in der Stiftskirche: „Botschaften des Glaubens – Glauben verkünden, Glauben feiern, Glauben leben“, 14.00 Uhr Buchpräsentation: Gottfried von Cappenberg – Ein Bilderbuch für Jung und Alt (Abt Albert Dölken O.Praem und Autor Markus Trautmann), 14.30 Uhr Erste Kirchenführung, 15.30 Uhr Zweite Kirchenführung, musikalisches Begleitprogramm durch „Well Connected” (Wolfgang Surrey), 17.00 Uhr Orgelkonzert „A Little bit Bristish“ (Peter Bartetzky aus Duisburg – Hamborn).
Kontakt: Katholisches Pfarramt St. Johannes Ev. im Schloss Cappenberg, Schlossberg 7, 59379 Selm, Pater Joachim Hagel 0Praem, Pfr., Tel. 0173 / 3859560, Büro: Dienstags von 9 bis 12 Uhr, Pfarrbüro: Tel. 02306 / 50511, E-Mail: pfarramt@stiftskirche-cappenberg.de, Homepage: www.stiftskirche-cappenberg.de.

Ausstellungen 900 Jahre Stift Cappenberg: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) präsentiert anlässlich des Jubiläums in Cappenberg den historischen Teil einer Sonderausstellung des LWL-Museums für Kunst und Kulturgeschichte, Münster: „Barbarossa. Das Vermächtnis von Cappenberg und die Kunst der Herrschaft“. Thematischer Akzent ist die Gründungsgeschichte des einstigen Prämonstratenser-Klosters und die Rolle Ottos von Cappenberg, dem Paten des Kaisers. Bezugspunkt ist der 900. Tauftag Kaiser Friedrichs I. aus der Dynastie der Staufer. Die Ausstellung läuft bis 05.02.2023 in
Cappenberg, Stiftskirche und Schloss Cappenberg, Schlossberg 1b, 59379 Selm-Cappenberg und anschließend in Münster
ab 29.10.2022 bis 5.2.2023
im LWL-Museum für Kunst und Kultur (Domplatz 10, 48143 Münster) unter dem Thema „Die Kunst der Herrschaft“. Im Zentrum beider Teile stehen die berühmte vergoldete Bronzebüste, der „Cappenberger Kopf“, dann die so genannte Taufschale Barbarossas aus Berlin sowie wertvolle historische Urkunden. Diese einzigartigen Preziosen werden zum ersten Mal zusammen am authentischen historischen Ort gezeigt. Der berühmte Cappenberger Barbarossakopf, eine Bronzeskulptur aus dem 12. Jahrhundert, war ein Geschenk des Kaisers an seinen Taufpaten Otto von Cappenberg, den jüngeren Bruder Gottfrieds, der ebenfalls Prämonstratenser wurde und von 1156 bis 1171 der dritte Propst von Cappenberg war. Internet: www.lwl-museum-kunst-kultur.de und https://der-pate-des-kaisers.de

Ordensgründer Norbert von Xanten: Er war Ordensgründer, Bischof von Magdeburg und Kanzler für Italien: Norbert von Xanten, geboren in Gennep oder Xanten, kam schon als Kind in das Xantener St. Viktor-Stift. Ein Leben in Reichtum und Ansehen stand vor ihm, er begleitete den Kaiser zur Krönung nach Rom, bekam einen reichen Bischofsposten in Frankreich in Aussicht gestellt. Als er nach Vreden unterwegs war, soll er allerdings der Legende nach von einem Blitz getroffen worden sein - ein Erlebnis, das sein Leben verändert: Er gab seine Stellungen bei Erzbischof Friedrich I. von Köln und bei Kaiser Heinrich V. auf, verzichtete auf Pfründe und sein Vermögen, das er Armen überließ, und ging nach Siegburg, um im Benediktinerkloster St. Michael das Ordensleben kennenzulernen. Am Weihnachtstag 1121 legte Norbert zusammen mit einigen Gefährten die Profess ab und schuf damit das Fundament für den Orden von Prémontré, der sich schnell in ganz Europa ausbreitete. Sie versprachen, nach der Weisung und Art der Apostel sowie der Augustinusregel zu leben. Als Habit wählte Norbert ungebleichte Wolle und nicht schwarzen Stoff. Neben den Kanonikern lebten in Prémontré auch viele Laienbrüder und Schwestern, die im Hospiz Arme und Pilger beherbergten. Nachdem Norbert Prior Hugo von Fosses die Leitung der Gemeinschaft übertragen hatte, zog er erneut los, um zu predigen und Gefährten für seine Reformbewegung zu sammeln; es entstanden Klostergründungen in Antwerpen, Cappenberg, Cuissy, Floreffe, Laon und anderen Orten. Der neue, von Norbert initiierte Orden wurde am 16. Februar 1126 von Papst Honorius II. bestätigt.
Das Jahr 1126 brachte einen großen Einschnitt im Leben des Wanderpredigers: Er wurde auf dem Reichstag zu Speyer zum Erzbischof von Magdeburg ernannt. Am 18. Juli 1126 zog Norbert barfuß und im Büßergewand in seine Bischofsstadt ein, begann Missbräuche abzustellen, Veräußerungen von Kirchengut zu widerrufen und vor allem den Klerus zu reformieren. Er holte Mitbrüder aus Prémontré nach Magdeburg und vertraute ihnen die Kirche „Unserer Lieben Frauen“ an, zudem gründete er Prämonstratenser-Klöster in Gottesgnaden und Pöhlde. In den nur acht Jahren als Bischof konnte er nicht alle seiner Pläne verwirklichen und die letzten Jahre seines Lebens waren von politischen Aktivitäten im Dienst der Kirche und des Kaisers geprägt. Er griff ein, um den Frieden zwischen Kaiser Lothar III. und Papst Innozenz II. wiederherzustellen und war erbitterter Verteidiger des Papstes Innozenz im Streit mit Gegenpapst Anaklet. Im Jahre 1132 begleitete er als stellvertretender Erzkanzler für Italien König Lothar zu dessen Kaiserkrönung nach Rom, erkrankte jedoch bei dieser Reise wohl an Malaria. Norbert konnte am Gründonnerstag noch die Hl. Öle segnen, feierte seine letzte Messe am Ostertag sitzend und starb am 6. Juni 1134 nach einer Romreise in seiner Bischofsstadt Magdeburg. Er wurde in der Kirche des Klosters Unser Lieben Frauen feierlich beigesetzt und 1626 während des Dreißigjährigen Krieges in das Prämonstratenserkloster Strahov nach Prag überführt.

Die Prämonstratenser: Die Gemeinschaft der nach dem ersten Kloster benannten Prämonstratenser (Ordo Praemonstratensis, abgekürzt: OPraem) breitete sich schon während Norberts Lebzeiten mit mehreren hundert Niederlassungen in ganz Westeuropa aus. Von den um die Mitte des 14. Jahrhunderts mehr als 1.300 Männer- und 400 Frauenklöstern, die vielfache Reformen und Enteignungen erlebten, waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur noch acht Häuser in Österreich-Ungarn übrig, die Präsenz der Prämonstratenser in Deutschland wurde durch die Folgen der Französischen Revolution während der Ära der Militärdiktatur Napoleons abrupt beendet.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es wieder 20 Ordenshäuser mit etwa 1.000 Priestern und erst in der Frühzeit der Weimarer Republik konnte der Orden in Deutschland wieder Fuß fassen. Heute bestehen Klöster in Speinshart/Oberpfalz, Windberg (bei Straubing), Roggenburg (bei Ulm), Duisburg-Hamborn und seit 1991 in Magdeburg, der letzten Wirkungsstätte ihres Ordensgründers Norbert. Er ist auch Patron des Bistums Magdeburg, dessen Erzbischof er von 1126 bis zu seinem Tod 1134 war. Dort werden auch die Europäische Sankt-Norbert-Stiftung, die evangelische Altstadtgemeinde, die evangelisch-reformierte Gemeinde und die katholische Pfarrgemeinde Sankt Augustinus vertreten sein. Heute hat der Orden etwa 100 Niederlassungen auf allen Kontinenten mit weltweit rund 1.300 katholischen Priestern, die gemäß der Regel des Hl. Augustinus im Dienst an Kirche und Welt zusammenleben, beten und arbeiten.
Kontakt: Der Prämonstratenserorden in Deutschland: www.opraem.de, alle heutigen und ehemaligen Prämonstratenserklöster im deutschen Sprachgebiet: www.praemonstratenser.de, alle heutigen und ehemaligen Prämonstratenserklöster weltweit: www.premontre.org, Heilige und Selige des Ordens: www.postulatio.info

Film über die Prämonstratenser: Den Orden der Prämonstratenser, deren Errungenschaften im Laufe der Jahrhunderte sowie ihr Wirken im Erzbistum Paderborn stellt ein Film auf dem Youtube-Kanal des Erzbistums Paderborn in den Mittelpunkt. Neben Professor em. Dr. Johannes Meier und der Historikerin Dr. Ingrid Ehlers-Kisseler spricht auch Pater Dr. Philipp Reichling OPraem von der Prämonstratenser-Abtei Hamborn über die Besonderheiten des Ordens. Der Film bietet zudem Luftaufnahmen der drei ehemaligen Klöster im Arnsberger Raum: Rumbeck, Wedinghausen sowie Oelinghausen.

1200 Jahre Kloster Corvey: Am 25. September 822 legten Benediktinermönche aus dem westfränkischen Corbie den Grundstein für die Anlage nahe dem heutigen Höxter. Kloster und die Kirche, deren Westwerk 885 vollendet wurde, gehören seit 2014 zum Weltkulturerbe. Corvey, „Wunder des Erdkreises“, galt im frühen Mittelalter als eines der bedeutendsten Klöster in Europa. Das im 17. Jahrhundert barock überbaute Kloster wurde 1803 säkularisiert und in ein Schloss umgewandelt. Seit dem 19. Jahrhundert ist das rund 80.000 Quadratmeter große Areal in Besitz der Herzöge von Ratibor und Fürsten von Corvey. Eigentümerin des Westwerks ist die Kirchengemeinde Sankt Stephanus und Vitus.
An die Gründung Corveys vor 1.200 Jahren erinnert am 25. September ein Gottesdienst in der ehemaligen Abteikirche sowie ein anschließender Festakt im Kaisersaal - der Auftakt eines ganzen Jubiläumsjahres. Vom 26. August bis zum 25. September läuft das jährliche Kunstfest „Via Nova“. Zu den Mitwirkenden gehören unter anderen die Schauspieler Martina Gedeck, Ulrich Noethen und Klaus Maria Brandauer. (Programm Via Nova Kunstfest Corvey 2022: https://corvey.de/veranstaltung/via-nova-kunstfest-corvey-2022/) Veranstaltungsservice Tel. 05231 / 56 99 999). Zu den Höhepunkten der folgenden Monate zählt ab Mai 2023 die runderneuerte Dauerausstellung „Das Jahrtausend der Mönche - Von der Gründung Corveys bis ins Goldene Zeitalter“. Pünktlich zum Jubiläum wird das Bundesfinanzministerium zudem eine 20-Euro-Sammlermünze herausgeben. Internet: https://corvey.de/, Infos zum Jubiläumsprogramm: https://welterbewestwerkcorvey.de/.

Klosterlandschaft Ostwestfalen-Lippe: Das kulturtouristische Netzwerk verknüpft unter dieser Dachmarke rund 75 Klöster und klosterähnliche Einrichtungen in OWL. In dem 2016 gegründeten Informationszentrum FORUM Abtei Marienmünster zwischen Bad Lippspringe und Holzminden werden die Entwicklung und Bedeutung der Klöster in der Region, ihre geistige Leistung und Besonderheiten gezeigt. Besuchern wird mit Originalobjekten, Repliken, Texten, Bildern und filmischen Sequenzen die vielfältige und lebendige monastische Vergangenheit und Gegenwart der Region vermittelt. Das FORUM Abtei ist Anlaufstelle, Start- und Endpunkt für touristische Routen. Mehr: https://klosterlandschaft-owl.de/klosterorte/, Veranstaltungen: https://klosterlandschaft-owl.de/events/kategorie/alle/

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