10 Jahre Richter-Fenster in Köln

von Christof Beckmann

Sonntag, 27.08.2017

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Bild: Detail vom Südquerhausfenster im Kölner Dom

Über Kunst lässt sich streiten: Im ersten Ärger über das Richter-Fenster wollte Kardinal Meisner seinen Bischofssitz im Kölner Dom verlegen, um es nicht sehen zu müssen. Dazu kam es nicht. Seit zehn Jahren entfaltet das Kunstwerk seinen Farbenzauber...

INFO: Vor zehn Jahren, am 25. August 2007, wurde mit dem neuen Südquerhausfenster eines der größten Kunstwerke im Kölner Dom feierlich enthüllt: Das ursprüngliche, 1863 im Königlichen Glasmalerei-Institut in Berlin-Charlottenburg für den Dom geschaffene Fenster, eine Stiftung des preußischen Königshauses, zeigte drei heilige Herrscher und Bischöfe und war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, ebenso die in Berlin lagernden Originalentwürfe und Kartons. Die 1948 an seine Stelle getretene farblos-schlichte Ornamentverglasung wurde als zu hell empfunden. Für das 19 Meter hohe und fast 10 Meter breite renovierungsbedürftige Fenster suchte das Domkapitel Ersatz und schrieb einen Wettbewerb aus. Entwürfe, die Märtyrer des 20. Jahrhunderts wie Edith Stein oder Maximilian Kolbe zeigen sollten überzeugten aber nicht. 2002 wurden darum die ersten Gespräche mit dem renommierten Künstler Gerhard Richter geführt, der drei Jahre später nach fast einstimmigem Beschluss durch das Domkapitel mit der Neugestaltung beauftragt wurde.

Kardinal Joachim Meisner zeigte sich über das abstrakt-bunte Fenster allerdings nach der Einweihung verärgert, da es nicht deutlich den Glauben widerspiegele. Das Fenster würde „eher in eine Moschee oder ein anderes Gebetshaus“ als in die gotische Kathedrale passen – eine Unmutsäußerung, die eine breite Debatte auslöste. Richter selbst, der kein Honorar nahm, betonte, er fühle sich als Spross des Christentums, der „ohne den Glauben an eine höhere Macht oder etwas Unbegreifliches“ nicht leben könne. Auch wenn der aus der Kirche ausgetretene Protestant den Glauben der katholischen Kirche nicht teilen könne, sehe er sich durch sie „sehr geprägt“ und als ihr „Sympathisant“. Die abstrakte Gestaltung solle deutlich machen, dass die Kirche in einer neuen Zeit mit allen ihren Schwierigkeiten lebe.

Das für die Südquerhausfassade entworfene 113 Quadratmeter große Fenster besteht aus 11.500 mundgeblasenen Echt-Antik-Glas-Quadraten in 72 unterschiedlichen Farben, die mit Silikon auf einer großen Trägerscheibe vereint wurden. Ihre Anordnung wurde durch einen Zufallsgenerator erstellt. Beide Hälften stehen sich spiegelbildlich gegenüber. Die Herstellungskosten betrugen etwa 400.000 Euro. Die Dynamik der Farbwirkung verändert sich durch den im Tageslauf gebrochenen Einfallswinkel des Sonnenlichtes immer wieder: Die farbig gebrochenen Sonnenstrahlen fließen in der Vierung zu einem bunten Farbteppich zusammen, wo der Altar die zentrale Stelle im Dom bildet.

Die Medienzentrale des Erzbistums Köln hat dazu einige Impressionen eingefangen:

Gerhard Richter: Der am 9. Februar 1932 in Dresden geborene Gerhard Richter zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern der Welt. Nach dem 1951 aufgenommenen Studium an der Kunstakademie in Dresden übernahm der Meisterschüler Staatsaufträge der DDR, bevor er 1961 kurz vor dem Mauerbau in den Westen flüchtete, sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf fortsetzte und über eine Dozententätigkeit an der Hochschule für bildende Künste Hamburg als Professor für Malerei von 1971-1993 wieder nach Düsseldorf kam.
Die Werke des seit 1983 in Köln lebenden Künstlers gelten auf dem Kunstmarkt als die teuersten eines noch lebenden Künstlers und werden weltweit in Museen und Ausstellungen gezeigt. 2002 feierte ihn das MOMA / Museum of Modern Art in New York, anlässlich seines 70. Geburtstags mit einer umfassenden Retrospektive, bei der ihm mit 188 Exponaten die größte jemals einem lebenden Künstler dort gewidmete Ausstellung gezeigt wurde. Mit seinem Werk, in dem er einer Vielzahl von Stilrichtungen folgte, belegte Gerhard Richter auf der „Weltrangliste der lebenden Künstler“ (Capital/Manager Magazin) viele Jahre den ersten Platz. Eine abstrakte Arbeit erzielte 2015 bei Sotheby’s einen Verkaufspreis von 41 Millionen Euro und Richter gilt als einer der 500 reichsten Deutschen. Seine Gemälde sind fast nur noch auf dem Auktionsmarkt erhältlich, denn die meisten sind in Privatsammlungen oder wurden von Museen gesammelt. Als bedeutendster privater Sammler Richters gilt der britische Musiker Eric Clapton mit über 50 Werken.
Auszeichnungen u.a.: 1985 Oskar Kokoschka Preis, Wien; 1988 Kaiserring, Goslar; 1997 Goldener Löwe der Biennale, Venedig; 2000 Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; 2004 Katholischer Kunstpreis, Köln; 2007 Ehrenbürgerschaft der Stadt Köln.

Sonntag, 27.08.2017