Vatikan sportiv

von Christof Beckmann

Sonntag, 17.06.2018

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In dem Papier „Sein Bestes geben“ kritisiert die katholische Kirche einerseits Auswüchse wie Doping, Korruption oder den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Sport. Andererseits trage  Sport zu einem besseren und friedlichen Miteinander bei.

INFO: Aus dem Päpstlichen Dikasterium für Laien, Familien und das Leben kommt ein neues Dokument der Katholischen Kirche zum Thema Kirche und Sport. Das mit Sport-Experten geschriebene 50-seitige Schreiben unter dem Titel „Sein Bestes geben“ beschäftigt sich mit den positiven wie auch den negativen Seiten des Sports als modernem Massenphänomen. Das am 1. Juni in italienisch vorgestellte Vatikandokument („Dare il meglio di sé. Sulla prospettiva cristiana dello sport e della persona umana“) liegt auch in spanischer und englischer Fassung vor, eine deutsche gibt es noch nicht. Es zitiert das Konzil, das Kompendium der Katholischen Soziallehre, Stellungnahmen der Glaubenskongregation und der letzten Päpste, viele Forscher vor allem aus dem angelsächsischen Raum, aber auch deutschsprachige Experten. Damit liegen nun die kirchlichen Positionen zum Sport in einem zusammenfassenden Text vor.

Der Mensch existiere nicht für den Sport, sondern umgekehrt sei der Sport da, um der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen zu dienen, so das Vatikan-Schreiben. Scharf kritisiert es die Schattenseiten des Sports wie Doping und Korruption, den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch exzessives Training, aber auch die Vernutzung des Athleten als reiner Leistungsmaschine. Sportorganisationen müssten klare Regeln und organisatorische Rahmenbedingungen schaffen, um die Versuchung zum Doping zu verringern, Korruption könne „den Sport in den Ruin treiben“. Ebenso verwerflich sei jede Art von Korruption bei Sportwetten. Auch die Zuseher von Sportveranstaltungen nimmt der Vatikan in den Blick: So werden gewalttätige Exzesse unter Fans wie auch Rassismus und Extremismus auf den Zuschauerrängen angeprangert. Dies gilt ebenso für eine überzogene Vereinnahmung des Sports, Manipulation und kommerziellen Missbrauch durch Ideologien oder Unternehmen.

Doch unterstreicht das Dokument gleichzeitig die positiven Aspekte des Sports wie Fairplay, Freude, Mut, Teamgeist und Opferbereitschaft. Sport im eigentlichen Sinne stärke die Einheit von Körper, Geist und Seele und trage zu einem besseren und friedlichen Miteinander von Menschen verschiedener Kulturen, Fähigkeiten und Altersgruppen bei. Schließlich benennt das Dokument Möglichkeiten, wie die Kirche den Sport für ihre Anliegen nutzen kann: etwa in ihren Schule und der Erziehung, in ihrer Sozialarbeit und dem Leben von Kirchengemeinden. Das Dokument fordert aber ebenso Möglichkeiten der Seelsorge für Sportler und bietet die Zusammenarbeit der Kirche bei sportlichen Aktivitäten anderer Organisationen an. So etwas wie einen „christlichen Sport“ gebe es zwar nicht, gefördert werden könne aber eine „christliche Vision von Sport“.

Papst Franziskus schreibt in einem an den Präfekten des vatikanischen Dikasteriums für Laien, Familie und Leben, Kardinal Kevin Farrell, adressierten Begleitbrief zu dem Dokument: In einer von Individualismus und der Kluft zwischen der jüngeren und der älteren Generation geprägten Zeit sei der Sport eine Feld, auf dem sich Menschen ohne Unterschied von Rasse, Geschlecht, Religion oder Ideologie treffen könnten. Im Sport könnten Menschen erleben, gemeinsam ein Ziel zu erreichen, Freude erleben, aber auch gemeinsam Niederlagen überwinden. „Sport kann der Begegnung, der Reifung, der Mission und der Heiligung des Menschen dienen“, so der Papst und rühmt die alle Grenzen und sozialen Schranken überschreitende Bedeutung von Sport. Dies sei ein wichtiges Gegengewicht zu einer immer individualistischeren Gesellschaft.
Weitere Quelle zum Thema Sport und Kirche: ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS AN DIE TEILNEHMER DER WELTKONFERENZ ÜBER SPORT UND GLAUBEN, DIE DER PÄPSTLICHE RAT FÜR DIE KULTUR ORGANISIERT HAT, Aula Paolo VI, Mittwoch, 5. Oktober 2016

Sportfan Papst Franziskus: Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, Jahrgang 1936, ist seit sieben Jahrzehnten Fan und Mitglied von Atletico San Lorenzo de Almagro in Buenos Aires. Der Verein wurde 1908 von einem Salesianerpater gegründet. Als Kardinal von Buenos Aires weihte er die Kapelle des neuen „Gasometer-Stadions“ in seinem Stadtteil Flores. Im Jahr des 100. Vereinsjubiläums 2008 erhielt der heutige Papst die Ehrenmitgliedschaft. Dem leidenschaftlichen Straßenkicker wird keine filigrane Technik attestiert, wohl aber eine große Begabung für Taktik. Immer wieder gibt es auf dem Petersplatz Begegnungen mit Fußballern. So wurde im August 2017 Borussia Mönchengladbach in Privataudienz empfangen und für die Initiativen des Klubs zur Jugendförderung vor allem benachteiligter Jugendlicher gelobt.

International gehört der Vatikan zu den wenigen Staaten, die nicht im Fußballverband FIFA organisiert sind. Doch reicht im Vatikan selbst die Fußballtradition bis in das Jahr 1521 zurück: Der Calcio vor Papst Leo X. im Belvedere-Hof war allerdings einigermaßen körperbetonter und gilt eher als eine Art Rugby. Das älteste bestehende vatikanische Fußballteam ist die 1966 gegründete Elf der Vatikanischen Museen, zwei Jahre später folgte die Schweizergarde, 1969 die Dombauhütte Sankt Peter, die Güterverwaltung und die Päpstliche Bibliothek mit eigenen Mannschaften, die regelmäßig gegeneinander antreten. Aktueller Tabellenführer ist das Team der päpstlichen Kinderklinik Bambino Gesù. Die Vatikanauswahl, die auch Auswärtsspiele bestreitet, wird mit einem zunächst dreijährigen Vertrag künftig vom norditalienischen Weingut Sankt Peter in San Colombano al Lambro gesponsert.

Am 26. Mai endete auf dem Fußballfeld „Petriana“ südwestlich der Vatikanstadt das größte Turnier, der  zum 12. Mal ausgespielte Clericus-Cup: Bei dem Wettbewerb treten Mannschaften der in Rom ansässigen päpstlich anerkannten Ordensniederlassungen, vatikanischen Institutionen oder Priesterkollegs an. Die Vorrunde mit 345 Spielern aus insgesamt 71 Ländern begann am 24. Februar. Im Finale siegte das nordamerikanische Priesterkolleg „North American Martyrs“, die vorwiegend aus US-amerikanischen Priesteramtskandidaten gestellt werden, gegen die meist aus afrikanischen Seminaristen bestehende Mannschaft des „Pontificio Collegio Urbano“. Nach dem torlosen Endspiel zwischen den beiden Priesterkollegien vom römischen Gianicolo-Hügel gewannen die Nordamerikaner das anschließende Penaltyschießen. Nach dem Spiel beteten alle gemeinsam das Salve Regina...

Am 10. Juni kickten der vatikanische Liga-Meister und der Pokalsieger „Vatikanische Museen“ um den Supercup. Zu einem Freundschaftsspiel traten bei der Gelegenheit in der Sportanlage Pio XI. erstmals auch zwei Teams weiblicher Vatikan-Mitarbeiter gegeneinander an.

Sonntag, 17.06.2018