Flüchtlingshelfer geben der Kirche neuen Schwung

von Ulrich T. Christenn

Sonntag, 26.06.2016

Mann mit blauem Shirt und Aufschrift 'Refugees wellcome'
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Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 waren allein in den Kirchen bundesweit schätzungsweise 200.000 ehrenamtliche Flüchtlingshelfer im Einsatz.

Im Jahr 2015 kamen nach Angaben des Bundesinnenministeriums 1,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland. Inzwischen sinkt ihre Zahl drastisch, im 1. Quartal 2016 kamen "nur" 170.000. Trotzdem viel Arbeit für die deutschen Flüchtlingshelfer.

Schätzungen zufolge engagierten sich in der zweiten Jahreshälfte 2015 allein in den Kirchen etwa 200.000 Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit. Sie versorgten die Neuankömmlinge mit Nahrung und Getränken, organisierten Kleiderspenden oder betreuten die Menschen in den Notaufnahmelagern und Flüchtlingsheimen. Im weiteren Verlauf veränderten sich die oftmals spontanen Hilfsaktionen immer mehr in Richtung einer gezielten und dauerhaften Unterstützung. Die Koordination durch Fachleute aus den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden spielte dabei eine wichtige Rolle.

Diakonie und Caritas ist es gelungen, die ehrenamtlichen Helfer für ihre Aufgabe zu schulen und sie gezielter einzusetzen. Absprachen halfen dabei, Funktionen und Aufgabengebiete noch besser aufeinander abzustimmen und so effektiver zu machen – seien es Deutschkurse für die Erwachsenen oder Hausaufgabenhilfe für die Flüchtlingskinder. Viele gelungene Beispiele hat z.B. das Erzbistum Köln auf seiner Internetseite www.aktion-neue-nachbarn.de gesammelt.

Laut einer Untersuchung der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe verfügen die meisten ehrenamtlichen Helfer in der Flüchtlingsarbeit über ein hohes Bildungsniveau. Viele haben Abitur, über 80 Prozent sogar einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Der Frauenanteil unter den Helfern liegt bei 80 Prozent, die am stärksten vertretenen Altersgruppen sind die 20- bis 30Jährigen sowie die 60Jährigen und Ältere. Ein Großteil der Helfer ist finanziell unabhängig und kennt Migrationsgeschichten aus ihrem eigenen familiären Kontext.

In vielen Kirchengemeinden ist die Flüchtlingshilfe ein relativ neues Arbeitsfeld. Nach Angaben von Pfarrerin Barbara Montag von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe machen sie sehr unterschiedliche Erfahrungen auf diesem Feld: " Viele Kirchengemeinden sagen: Wir erleben das als vitalisierend für unser eigenes System, viele Kirchengemeinden sagen aber auch: Wir sind da stark gefordert, bis hin dass wir an Grenzen geraten in der Fülle der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen."

Um die haupt- und ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer zu unterstützen, haben sowohl die katholischen (Erz)Bistümer als auch die evangelischen Landeskirchen in NRW entsprechende Hilfefonds eingerichtet. Hier können sowohl Einzelfallhilfen für Flüchtlinge als auch Gelder für entsprechende Gemeinde-Projekte beantragt werden. Die Landeskirchen von Westfalen, Rheinland und Lippe haben im Oktober 2015 außerdem eine gemeinsame Broschüre herausgegeben. Sie trägt den Titel "Unter dem Schatten deiner Flügel" und versteht sich als Wegweiser für die ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen. Die Broschüre steht hier zum Download bereit. Derzeit wird an einer aktualisierten 2. Auflage gearbeitet, die in Kürze fertiggestellt wird. Auch die Caritas stellt für Pfarrgemeinden und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer ein Infoheft zum Download zur Verfügung.

Beide Broschüren erklären nicht nur wichtige Fachbegriffe und juristische Fragen, sondern geben auch praktische Tipps für den Umgang mit den Geflüchteten. Auf der Internetseite der Stiftung Warentest erhalten Flüchtlingshelfer vor allen Dingen Antworten auf versicherungsrechtliche Fragen.
Sonntag, 26.06.2016