Einzigartig in NRW: das Kindergarten-Museum

von Michael Birgden

Sonntag, 21.08.2016

Im Mueseum: Schaufensterpuppen tragen die alte Tracht von Erzieherinnen aus dem 19. und 20. Jahrhundert
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Auch die strengen Trachten von Erzieherinnen aus dem 19. und 20. Jahrhundert sind im Kindergartenmuseum zu sehen.

Im Jugendzentrum "Q1" der evangelischen Kirchengemeinde von Bergisch Gladbach ist eine außergewöhnliche Sammlung zu bestaunen: Hier ist das einzige Kindergarten-Museum in Nordrhein-Westfalen untergebracht. Ein Besuch hier ist wie eine kleine Zeitreise.

Mehrere hundert Exponate verteilen sich auf insgesamt sieben Räume. Zu sehen gibt es u.a. alte Kinderbücher, Puppenwagen aus den 50er Jahren, Kindergarten-Möbel aus verschiedenen Epochen, eine Spielküche aus Holz, Bauklötze, Teddybären, Puppen und selbstgebastelte Autos. Ein besonderer Blickfang sind die alten Trachten, die die Erzieherinnen früher getragen haben. Auch Skurriles gibt es zu entdecken, wie etwa eine Topfbank aus DDR-Zeiten. Hier saßen früher drei Kinder nebeneinander, um ihr Geschäft zu erledigen.

Neben zahlreichen großen und kleinen Ausstellungsstücken zeigt das Museum auch die Entwicklungsgeschichte des Kindergartens von den Anfängen bis in die Gegenwart. Die ersten Ansätze für eine institutionalisierte Kinderbetreuung gab es demnach bereits Anfang des 19. Jahrhunderts. Zur Zeit der Industriellen Revolution wanderten immer mehr Menschen vom Land in die Städte. Trotz harter Arbeit verarmten viele Familien, Kinder waren von Verwahrlosung bedroht. Um den Müttern in dieser Situation zu helfen, griff Fürstin Pauline zu Lippe-Detmold eine Idee aus Paris auf. Sie gründete 1802 in Detmold die erste "Aufbewahrungs-Anstalt für kleine Kinder". Bald darauf entstanden Kleinkinderschulen, aber auch die waren noch wenig kindgerecht. Das änderte sich erst 1840: In Bad Blankenburg gründete der Pfarrerssohn Friedrich Fröbel (1782 – 1852) den ersten "echten" Kindergarten.

Der Begriff hatte seinerzeit einen sehr realen Hintergrund, erzählt der 1. Vorsitzende des Kindergarten-Museums, Georg W. Geist, im Interview mit der Redaktion PEP: "Teil des Kindergartenkonzepts, (…) ist ein Garten, der zu diesem Haus gehört. Jedes Kind hatte zu Fröbels Zeiten sein eigenes Beet und durch das Wachsen und Gedeihen von Samenkörnen (…) zu großen Pflanzen sollten die Kinder die Wunder der Natur erfahren (…) und darüber die Ahnung entwickeln: es gibt ein höheres Wesen."

Das Kindergarten-Museum in Bergisch Gladbach dokumentiert sowohl Fröbels pädagogischen Ansatz als auch die darauf basierenden Spiele, die der Pfarrersohn entwickelte. Teil der Ausstellung sind auch andere Pioniere der frühkindlichen Bildung und Erziehung, wie zum Beispiel Maria Montessori, Theodor Fliedner und Rudolf Steiner.

Getragen und unterhalten wird das Museum von einem im November 1994 gegründeten gemeinnützigen Verein, dem aktuell 60 Mitglieder angehören. Viele von ihnen waren oder sind noch heute in der Kinderbetreuung beruflich tätig. Mit dem Betrieb des Kindergarten-Museums möchte der Verein nach eigenen Angaben "eine Lücke in der Museumslandschaft schließen und ergänzend zu der musealen Präsentation von Schule die institutionelle Betreuung und Förderung der Kinder vor ihrem Schuleintritt (Kindergarten und Krippe) und schulbegleitend (insbesondere im Hort) für die Nachwelt sichern, für die fachliche Auseinandersetzung aufbereiten und für die Weiterentwicklung nutzbar machen."

Das Kindergarten-Museum im Q1-Jugendzentrum neben der evangelischen Gnadenkirche Bergisch Gladbach (Hauptstraße 256a) ist immer dienstags von 10 bis 13 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Der Verein bietet auf Anfrage auch Führungen an. Die Eintrittspreise betragen 2 Euro für Kinder und 3 Euro für Erwachsene.
Sonntag, 21.08.2016