Andreas: Der erste Apostel

von Marion Sendker

Sonntag, 04.12.2016

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Bild: Monsignore Nikolaus Wyrwoll lebt seit seiner Emeritierung in Istanbul, Foto: Marion Sendker

Am Mittwoch stand er auf dem Kalender – der Apostel Andreas, Bruder von Simon Petrus und eine der großen Gestalten der Kirche. Er kam ziemlich weit herum und sein Martyrium steckt bis heute in der Bezeichnung „Andreaskreuz”. Nachgefragt in Istanbul ….

INFO: Papst Franziskus hat dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., am Mittwoch, 30.11., zum Andreasfest gratuliert. Er vereine sich zur Feier mit der „Cousinen-Kirche”, sagte Franziskus bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz, wünsche „das Bestmögliche” und sende „alle Segen des Herrn und eine große Umarmung” in die Türkei. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel beging am Gedenktag des heiligen Andreas sein Patronatsfest. Gegenseitige Besuche von Delegationen des Heiligen Stuhls und des Patriarchates zu den Patronatsfesten wurden seit dem ökumenischen Tauwetter der 1960er Jahre üblich. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. unternahmen zum Andreasfest Istanbul-Besuche, 2014 hatte Papst Franziskus das Andreasfest gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel begangen.

Nach der Bibel stammten Andreas und sein jüngerer Bruder Simon (Petrus) aus Bethsaida am See Gennesaret, besaßen ein Haus in Kafarnaum (Mk 1,29) und waren Fischer. Das Johannesevangelium berichtet, Andreas sei zuerst ein Jünger Johannes des Täufers gewesen, der ihn dann an Jesus wies. Darauf führte er auch seinen Bruder Simon zu Jesus – seine Botschaft: „Wir haben den Messias gefunden” (Joh 1,35-42 EU) - daher sein traditioneller Beiname der „Erstberufene”. Nach den Kirchenvätern Eusebius von Caesarea, Gregor von Nazianz und Hieronymus predigte er in Epirus, Kappadokien, Skythien, Thrazien, Makedonien und Achaia, soll sogar im heutigen Ostanatolien und Georgien gewesen sein. Die spätere Tradition stellt ihn an die erste Stelle in der Abfolge der Bischöfe und Patriarchen von Byzanz/Konstantinopel.

Nach übereinstimmenden Berichten ist er zur Zeit Neros vom Statthalter Aegeas bzw. Aegeates in Patras, Sitz des Statthalters in der griechischen Präfektur Achaia, gekreuzigt worden - der Legende nach an einem Kreuz mit schrägen Balken, dem sog. Andreaskreuz, dessen Reliquien in der Κirche des Heiligen Andreas in Patras aufbewahrt werden. Als Todestag ist der 30. November überliefert, der sowohl in der römisch-katholischen, als auch in der orthodoxen Kirche sein Festtag ist. Der Andreastag und sein Vorabend (Andreasnacht) leiten als so genannte Losnacht die Bräuche der Adventszeit ein.

Andreas ist Schutzheiliger der Fischer, der Liebenden und des Ehestandes, er gilt als der Apostel Kleinasiens, Konstantinopels und der Russen und ist der Nationalheilige von Russland und Schottland. Seine Bedeutung für die orthodoxe Kirche ist – wenn auch nicht ganz so herausragend – vergleichbar mit der seines Bruders Petrus für die römisch-katholische Kirche. Bartholomäus I., der heutige Erzbischof von Konstantinopel und Ökumenischer Patriarch, gilt als 270. Nachfolger des Apostels Andreas. Eine Armreliquie des Heiligen gelangte über die Stiftskirche von Rees am Niederrhein 1257 in die Kirche St. Andreas nach Köln, wo sie schließlich 1997 ihren Platz im Apostelschrein im Chor der Kirche fand. Attribute in der Kunst sind Fisch, Strick, X-förmiges Kreuz.

Christen in der Türkei: Das heute weitgehend muslimische Land gilt offiziell als laizistischer Staat. Er erkennt nur drei religiöse Minderheiten an: die griechisch-orthodoxe Kirche, die armenisch-orthodoxe Kirche und das Judentum. Alle anderen etwa 78 Millionen Einwohner der Türkei werden für die Statistik pauschal als Muslime gezählt. Die ca. 200.000 Christen stellen ungefähr 0,25 Prozent, von denen mehr als die Hälfte der Armenisch-Apostolischen Kirche angehören. Außerdem leben in der Türkei griechisch-orthodoxe, syrisch-orthodoxe, syrisch-katholische, chaldäisch-katholische, armenisch katholische, lateinisch-katholische (römisch-katholisch) und auch einige protestantische Christen.

Deutschsprachige Gemeinde in Istanbul: Seit den 1960er Jahren sind deutsche Seelsorger vom Katholischen Auslandssekretariat an den Bosporus entsandt worden. Die 1985 zur Personalpfarrei erhobene Katholische Gemeinde St. Paul liegt im europäischen Teil der 15-Millionenstadt Istanbul, ganz in der Nähe des „Amerikanischen Krankenhauses” im Stadtteil Nişantaşı. Im Gemeindehaus gibt es den Paulussaal, eine kleine Gemeindebibliothek, einen Gemeinderaum, das Pfarrbüro und ein großer Garten. Die von Vinzentinerpater Pfarrer Christian Rolke geleitete Gemeinde bietet allen in der Türkei lebenden deutschsprachigen Christen in der Ferne einen Ort der Heimat, der Orientierung und Wegbegleitung. An Sonn- und Feiertagen feiern sie um 10.30 Uhr die Heilige Messe im Paulussaal. Kontakt: Katholische Gemeinde St. Paul, Büyük Çiftlik Sokak 22, 34365 Nişantaşı, Tel. 0212 / 219 11 91, Fax 0212 / 240 76 38, E-Mail: mail@stpaul.de, Internet: www.stpaul.de. 

Weitere deutschsprachige Gemeinde ist die St. Georgs-Gemeinde (St. Georg Kilisesi), die vom Orden der Österreichischen Lazaristen getragen wird. Superior: Alexander Jernej CM, Christlich-Muslimisches Forum (CMF): E-Mail: cmf@sg.org.tr, CMF-Bibliothek: http://cmfbib.sg.org.tr ; E-Mail: cmfbib(at)sg.org.tr, Adresse: 34420 Karaköy, Bankalar Caddesi, Kart Çınar Sok. 2, Tel. +90-212-313 49 70, Fax +90-212-249 76 17, E-Mail: gemeinde@sg.org.tr, Internet: www.sg.org.tr/gemeinde. Darüber hinaus gibt es noch deutschsprachige katholische Kommunitäten in Ankara, Izmir, Bursa, Antalya/Alanya (www.st-nikolaus-gemeinde-antalya.com) und Antakya (barbara.antakya@gmx.net).

Unser Gesprächspartner: Monsignore Nikolaus Wyrwoll, Jahrgang 1938, stammt aus Oberschlesien und lebt seit seiner Emeritierung in Istanbul, dem alten Konstantinopel, einer Brücke zwischen den Kontinenten und Kulturkreisen. Nach der Flucht aus Beuthen kam er 1946 nach Wunstorf bei Hannover, war aktiv bei der DPSG, trat nach dem Abitur 1957 zunächst als Offiziersanwärter in die Bundeswehr ein, wechselte dann aber ins Priesterseminar. 1957-1965 studierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und wurde dort 1962 zum Diakon und Priester geweiht. Nach Kaplanzeit in Rehburg-Loccum, Neustadt, Hildesheim und Bevensen war er 1969-1976 Geistlicher Leiter und Dozent der Katholischen Akademie Jakobushaus in Goslar, 1976-1982 im Sekretariat des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen und 1988-2013 dessen Konsultor. Er leitete 1982-1986 das Katholische Büro Niedersachsen in Hannover und war 1986-1990 Pfarrer und Dechant in Göttingen.
1970 bis 2011 gehörte Wyrwoll der Arbeitsgemeinschaft Kirchen des Ostens der Deutschen Bischofskonferenz an und beriet 1988-2011 die Deutsche Bischofskonferenz in der Ökumene-Kommission. Seit 1990 ist er stellvertretender Leiter des Ostkirchlichen Instituts (OKI) in Regensburg und seit 2007 in seinem Heimatbistum Hildesheim Ökumene-Beauftragter. Zugleich begann auch seine Mitgliedschaft der Gemeinsamen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und der Orthodoxen Kirchen in Deutschland. Im Jahr 2006 stiftete Wyrwoll die Silberne Rose des heiligen Nikolaus von Myra. Nach seiner Emeritierung verlegte er seinen Wohnsitz in ein Kloster in Istanbul und pflegt vielseitige Kontakte, bevorzugt zu den orthodoxen Kirchen.

Sonntag, 04.12.2016