Abschied von Kardinal Meisner

von Christof Beckmann

Sonntag, 16.07.2017

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Joachim Kardinal Meisner bei einem Interview in seinem Bischofshaus / Foto: KIP

Kardinal Joachim Meisner, der am 8. Juli im Alter von 83 Jahren in Bad Füssing gestorben ist, stand 25 Jahre an der Spitze des Erzbistums. Gestern hat man ihn im Kölner Dom, wo die Exequien gefeiert wurden, in der Bischofsgruft bestattet. ...

INFO: Am Samstag, 15. Juli 2017, wurde Kardinal Joachim Meisner im Hohen Dom zu Köln in einen schlichten Eichensarg mit violetten Messgewand, Bischofsring, Pallium und Brustkreuz bestattet. Dem Sarg wurden außerdem Kopien der Urkunden von seiner Taufe, Firmung, Priester- und Bischofsweihe beigefügt, die er Zeit seines Lebens in einem Kästchen aufbewahrte, das er „seine Bundeslade“ nannte. Der ehemalige Erzbischof von Köln, 1989-2014 an der Spitze des Erzbistums, war am 8. Juli im Alter von 83 Jahren während eines Urlaubs in Bad Füssing gestorben.
Vom 7.-10. Juli war der Kardinal – wie bereits vor 30 Jahren sein Amtsvorgänger Kardinal Joseph Höffner - in der Kölner Kirche St. Gereon aufgebahrt. Es ist das Gotteshaus der Pfarrgemeinde, zu der das Erzbischöfliche Haus gehört. Priester und Ordensleute hielten die Totenwache und Tausende Gläubige nahmen Abschied. Während der Aufbahrungszeit gab es tägliche Gottesdienste und Messfeiern, die von den Weihbischöfen Kölns gefeiert wurden. Am Samstag wurde der Leichnam um 9.15 Uhr in einer feierlichen Prozession über einen etwa einen Kilometer langen Weg zum Kölner Dom getragen. Kreuzgruppe mit Ministranten, Fahnenträger von Vereinen und Verbänden, Seminaristen, Diakone, Priester, das Domkapitel und Bischöfe begleiteten den Sarg. Der Leichenwagen wurde von den Maltesern, Grabesrittern und Mitarbeitern der Dombauhütte begleitet.
Erzbischof Rainer Maria Woelki zelebrierte um 10 Uhr die Totenmesse mit anschließender Beisetzung Kardinal Meisners in der Bischofsgruft. Konzelebranten waren unter anderem der Apostolische Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterovic, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Reinhard Kardinal Marx sowie Erzbischof Peter Kardinal Erdö aus Esztergom-Budapest (Ungarn). Der Primas von Ungarn und frühere Vorsitzende der ungarischen Bischofskonferenz, ein langjähriger Freund Meisners, hielt auf Einladung von Kardinal Woelki die Predigt. Die von Kardinal Meisner gewünschte musikalische Gestaltung übernahmen der Mädchenchor, die Herren des Domchores, die Domkantorei und das Vokalensemble Kölner Dom. Neben Ministerpräsident Armin Laschet und Präses Manfred Rekowski von der Evangelischen Kirche im Rheinland sowie zahlreichen Gästen aus Politik und Gesellschaft, nahmen über zehn Erzbischöfe und Kardinäle an den Exequien teil.

Kardinal Joachim Meisner: Er wurde als zweiter von vier Brüdern am 25. Dezember 1933 in Breslau geboren. Nach dem Tod des Vaters im Krieg musste die Familie 1945 fliehen und erreichte Körner bei Mühlhausen in Thüringen, wo Meisner 1948 seine Schule abschloss und eine Lehre als Bankkaufmann begann. 1956 absolvierte er über das Norbertuswerk in Magdeburg das Abitur und nahm das Studium der Philosophie und Theologie in Erfurt auf. Der Priesterweihe am 22. Dezember 1962 folgten Kaplansjahre in Heiligenstadt und Erfurt, wo er als Rektor im Caritasverband 1966-1975 das Referat „Kirchliche Dienste” betreute und seine theologische Promotion vorbereitete. 1969 wurde Joachim Meisner zum Dr. theol. an der Gregoriana in Rom ernannt und 1975 zum Weihbischof in Erfurt/Meiningen berufen, 1980 zum Bischof von Berlin. Hier übernahm er 1982 den Vorsitz der Berliner Bischofskonferenz und wurde 1983 zum Kardinal ernannt. Im Vatikan war er Mitglied der Kongregation für die Bischöfe, der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnungen, der Kongregation für den Klerus des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte, der Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls, des Kardinalrates zum Studium der organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen des Apostolischen Stuhls und des Obersten Komitees der Päpstlichen Missionswerke.
Am 12. Februar 1989 wurde Kardinal Meisner als Erzbischof von Köln eingeführt und übernahm in der Deutschen Bischofskonferenz den Vorsitz der Liturgiekommission und der Unterkommission für Mittel- und Osteuropa, den Vorsitz des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, war Mitglied der Kommission Weltkirche und Präsident der Bischöflichen Kommission „Ecclesia celebrans“. Unter zahlreichen Ehrungen wurde ihm 1996 die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau verliehen, 2005 die der Katholischen Universität Lublin, er war Ehrenbürger der polnischen Stadt Trzebnica und Levoca. Die Tschechische Republik verlieh ihm den Orden des Weißen Löwen III. Klasse. 2003 erhielt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband. Sein bischöfliches Motto „Spes nostra firma / Unsere Hoffnung für Euch steht fest“ aus dem 2. Korintherbrief (1,7) war gleichzeitig auch der Titel des letzten Fastenhirtenbriefes, den er anlässlich seiner Emeritierung als Erzbischof am 28. Februar 2014 als Abschiedsbrief an die Gemeinden im Erzbistum Köln richtete.

Das „Geistliche Testament“ von Kardinal Meisner (März 2011)

Liebe Mitbrüder im geistlichen Dienst,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Seelsorge und Caritas,
liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Köln, liebe Freunde und Verwandte!

Wie alle Menschen kenne ich nicht den Tag und die Stunde meines Todes und auch nicht die Art und Weise, wo und wie ich sterben werde. Darum möchte ich jetzt schon ein letztes Wort an Sie alle niederschreiben, das dann zu gegebener Zeit verlesen wird. Es soll hauptsächlich ein letztes Wort in dieser Welt vor Ihnen an Jesus Christus sein.

Herr Jesus Christus,
du bist das Wort, durch das alles geworden ist. Ich danke dir, dass du mich gewollt hast und ich deshalb geworden bin. Dein Wort hat mich im Leben begleitet und mich in deine Not um die Welt und den Menschen geführt. Deshalb wurde ich Priester und Bischof, geprägt und geweiht von deinen Wundmalen. Es gehört zu den staunenswertesten Gaben meines Lebens, dass du mich bei deinem Kreuz verwendest und mich deiner Leiden gewürdigt hast. Durch deine Leidenschaft für die Welt sind dein Herz, deine Hände und deine Füße durchbohrt worden. Aus Liebe zu den Menschen hast du mich mit deinem Kreuz berührt. Du hast mich dein Priester und dein Bischof werden lassen. Darum will ich mich besonders im Sterben im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus rühmen, durch das Freude in die Welt gekommen ist

Im Stundengebet der Kirche bezeuge und bekenne ich mit unseren Priestern ausdrücklich:
„Christus, göttlicher Herr, dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben: unbewusst, wer dich nicht kennt; sehnsuchtsvoll, wer um dich weiß.
Christus, du bist meine Hoffnung, mein Friede, mein Glück, all mein Leben: Christus, dir neigt sich mein Geist; Christus, dich bete ich an.
Christus, an dir halt' ich fest mit der ganzen Kraft meiner Seele: dich Herr, lieb' ich alleinsuche dich, folge dir nach.“

In dieser Freude versuchte ich, Ihnen allen im Erzbistum Köln zu dienen. Unsere Bischofsstadt Köln trägt den Ehrentitel „Sancta Colonia Dei Gratia Romanae Ecclesiae Fidelis Filia“ (Heiliges Köln, von Gottes Gnaden der Römischen Kirche getreue Tochter). Ich habe in meinem bischöflichen Dienst versucht, dieser Auszeichnung zu entsprechen. Christus hat das Petrusamt in die Kirche eingestiftet, um den vielen Völkern in den verschiedenen Zeiten Orientierung und Halt zu geben. Das ist meine letzte Bitte an Sie alle um Ihres Heiles willen: Stehen Sie zu unserem Heiligen Vater. Er ist der Petrus von heute. Folgen Sie seiner Wegweisung. Hören Sie auf sein Wort. Petrus will nichts für sich, sondern alles für den Herrn und für seine Schwestern und Brüder.

Sie wissen alle, die Spanne meines Lebens umfasste drei gesellschaftliche Systeme: das zwöljjährige Hitlerreich, die vierundvierzigjährige Herrschaft des Kommunismus und schon jetzt über zwanzig Jahre die freiheitliche Demokratie. In allen drei Lebensepochen hat mir der Dienst des Papstes immer Orientierung, Ermutigung und Beistand geschenkt. Haltet immer zum Papst, und ihr werdet Christus nie verlieren!

Nicht die Gnade, die der Apostel Johannes empfangen, begehre ich, nicht die Vergebung, mit der du dem Petrus verziehen, die nur, die du am Kreuz dem Schächer gewährt hast, die erflehe ich: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Mk 15,43).

Joachim Kardinal Meisner Erzbischof von Köln

Sonntag, 16.07.2017